Mit wehenden Fahnen

Der VfL spielt am vierten Spieltag gegen den Aufsteiger SV Wehen Wiesbaden sein zweites Heimspiel. Die Premiere für die Wiesbadener im Ruhrstadion wird gleich zu Beginn der Saison zu einem echten „Abstiegsthriller der aktuellen Tabelle“, auch wenn es noch etwas zu früh ist, von so etwas wirklich zu sprechen. Aber Fakt ist, es kommt der 18. zum 16. Und beide Teams warten auf ihren ersten Sieg und werden ihn wollen, weil sie ihn brauchen. Also liegt die Spannung am Samstagmittag auch darin, wer sich aus der kleinen Ergebniskrise befreien kann, bevor es zu einer echten handfesten Krise wird.
Die Gäste aus Hessen kommen mit null Punkten an die Castroper Straße und während Osnabrück mit 4-0 gegen Darmstadt siegte, ist der „Relegations-Ingolstadt-Bezwinger“-WW noch sieglos und sogar punktlos. Auch der Aufsteiger KSC ist gut gestartet, daher hat Bochum, selbst nicht auf Rosen gebettet, es zu Hause mit dem auf dem Papier bis dato schlechtesten Aufsteiger/Gegner zu tun.
Das ist so ein Spiel, wo Olli K immer gerne sagt, „er erwarte einen Sieg von der Mannschaft“. Das ist, glaube ich, eine normale Erwartungshaltung zum Heimsieg gegen einen Aufsteiger, die auch beim VfL herrschen muss: Der Dirk sagt dann eher, wie ich, naja, vielleicht siegen wir 2-1. Eins vorweg, ich tippe auch ein 2-1 Arbeitssieg. Ein Sieg ist am Samstag ein absolutes Muss, aber das wird in der jetzigen, nicht vor Selbstvertrauen strotzenden Situation sicher ein hartes Stück Arbeit für das Team von Robin Dutt, denn der Gegner ist selbst extrem unter Druck. Und die Wiesbadener werden sich sagen, wenn nicht jetzt, wann dann?
Betrachtet man die vorigen VfL-Spiele getrennt, war Regensburg die größte Enttäuschung, weil dort außer 20 Minuten in der 1. Halbzeit am wenigsten stimmte - bis auf die hier täuschende Spielstatistik.
Dann kam es zu Hause gegen Bielefeld zu einer furiosen 2. Halbzeit, wo vor allem Zoller und Ganvoula sich Selbstvertrauen holten und dem Bochumer Publikum andeuteten, was für ein Potential schlummert in dem aktuellen VfL-Kader. Daran hatten einige aktuelle Skeptiker (zu denen ich mich mal rechne) ihren Zweifel bei den Abgängen und der vermeintlichen Qualität der Neuzugänge. Es wirkt wie ein unkontrollierter Aderlass. Die Kritik richtet sich also nicht an den Umbruch an sich, sondern an die Transferbemühungen des VfL pro Neuausrichtung. Da werden viele Spieler abgegeben, einige kaltgestellt, aber die Neuen, nicht nur OT, brauchen Zeit oder es geht nach unten. Aber klar ist ein Umbruch braucht Zeit, haben wir die?
Einige VfL-Fans sagen aber auch, „lasst mal die Kirche im Dorf und wartet ab, was sich da entwickelt“. Ist da wieder das Problem des Bochumer Pessimismus oder einfach eine realistischere Erwartungshaltung der Die-hard-Optimisten? Wer hat recht, wenn beide Gruppen im Netz diskutieren? Die Debatte mündet gerne in „Dann geh doch nach Lüdenscheid“ oder „ich kann das Gejammer nicht mehr hören, als wären wir schonabgestiegen“. Aber im Stadion ist der VfL bislang eine Einheit und das ist gut so.
Keine Ahnung, was davon (Diskussion) richtig ist, wir werden es sehen. Nun, ich gehöre zu den Jammerern dieses Jahr und möchte erklären warum: Ich halte zunächst Dutt für einen routinierten Trainer und war froh ihn zu haben und am Ende der Ära Hochstätter auch zufrieden, dass ein neuer Sportdirektor kommt. Dazu kam mit Kaenzig ein erfahrenes Gesicht und der kann Sesi sicher auch Tips geben, wie er als Berufseinsteiger agiert. Aber die Zeit, einen solchen Umbruch langfristig zu begleiten. hat der VfL strukturel - trotz Erfolge in der Jugendarbeit - nicht wirklich. Aber irgendwie glaub ich, ist Dutt und Sesi der Kompass bei der Kaderzusammenstellung verloren gegangen, da hab ich etwas Bammel. Ist aber mehr so ein Gefühl als eine webbasierte Datenanalyse.
Das heißt aber alles auch, Dutt und Sesi brauchen bald Punkte, weil sonst eine vermeintlich gute Hintergrundarbeit plötzlich in den Hintergrund rückt. Und Dutt kann weiter so souverän Medienarbeit verrichten, dann wird es heißen, ihm fehle die Härte von Verbeek und und und. Der startete vor vier Jahren mit 5 Siegen in Serie.
Dutt erweckte in der zu spät gestarteten Vorbereitung den Eindruck des Experimentierenden, Suchenden und diese Experimente (RV, Eisfeld hinter dem „Pogba“-Lossila usw.) verunsicherten die Spieler. Letztes Jahr gab erst erste Risse mit Kruse und Saglam.
In Hamburg zog Dutt die Reißleine und setzt erfolgreich auf eine gut strukturierte Defensive. Bochum spielt gefälliger und sicherer als in Regensburg, verliert aber erneut – wie fast immer – in der Ferne. Daher erwartet man in Cannstatt oder Sandhausen auch nicht unbedingt einen hohen Auswärtssieg.
Die Balance zwischen Offensive und Defensive in Hamburg stimmte so wenig, dass man 14-0 Ecken gegen sich hatte - und nach dem 1-0 durch Hinterseer keine echte Torchance: Keine Tore, keine Ecken, keine Punkte, da brauch ich keinen Laptop für, um das zu sehen. Nur Dutt bekam genervt eine gelbe Karte am Ende. Bochum hatte wieder nicht gesiegt. Dazu verletzte sich Lee und ist nun gesundheitlich wackelig wie Zoller. Verletzt sich noch Losilla, Ganvoula oder Weilandt,-Gott bewahre, dann sind wir in Bochum schnell im Panikmodus, da reicht nicht, wenn Sesi den Markt beobachtet.
Dazu sind Weilandt, Lee, Maier und Eisfeld brutal außer Form. Das Mittelfeld, eigentlich das vermeintliche Sahnestück, ist total ohne Ideen, wirkt wie ohne offensive Spielidee.
Spieler wie Decarli oder Blum taugen ja auch nur was, was sie für sich einzeln betrachtet tun, wenn das Gesamtgebilde alles gibt. Und das ist zumindest nicht immer so, aber das hat auch noch Luft nach oben. Letztes Jahr hatte man oft den Eindruck, da fehlt die Einstellung gegen vermeintlich starke Teams, dieses Jahr scheint schlicht Qualität.
Das alles, hat man im Kopf, wenn man an Regensburg denkt. Ein Pfund für den VfL sind zZ die Fans, die ihr Team viermal leidenschaftlich unterstützen und sich nun über ein Sahnelos im Pokal gegen die Bayern freuen dürfen. Ok, Spötter sagen, das hat was von der Magie einer mittelalterlichen Hinrichtung, wo viele, den Deliquenten brutal sterben sehen wollen und eine kleine Minderheit hofft, dass er entkommen kann. Aber im Ernst ein Los gegen die Bayern ist schon alleine für die Fanfreundschaft und das Gefühl toll, aber, hey Leute, Tickets hab ich auch nicht. 😉

Um drei Punkte geht es also gegen WW und weitere drei Punkte will der VfL über den Jatta-Einspruch vom HSV posthum holen. Das muss der Verein, besser die KGaA, tun, aber Fame kriegt man so nicht. Aber in der jetzigen Lage ist mir alles recht, um Punkte zu holen, da ich denke, und schon vorher dachte, es geht bis zum 17.5.2020 in Hannover gegen den Abstieg und wir brauchen daher 40 Punkte als Ziel.
Dass wir ein schwach gestarteter Aufstiegsaspirant sind, dass glaubt auch der immer sehr gut moderierende Dutt nicht zu glauben.
Also, mit dem Publikum im Rücken, der richtigen Auf- und Einstellung, holen wir den ersten Sieg in Westfalen.
Mein Tip. 2-1, auch wenn WW 0-1 führt

VfL: Riemann – Osei-Tutu (Baumgartner), Decarli (Lorenz), Bella Kotchap, Danilo – Losilla, Janelt – Pantovic, , (Meier)Eisfeld, Weilandt – Ganvoula | Trainer: Robin Dutt
WW: Watkowiak - Kuhn, Mockenhaupt, Röcker, D. Franke - Mrowca - Shipnoski, Lorch, Chato, Dittgen - Kyereh

Tom,CB‘93

P.S.: Gruß an Dirk, der ja in Wiesbaden studiert

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