Meine Nerven

Der häufigst genutzte Satz am frühen Sonntagmittag rund um Bochum war bei Freunden des VfL und des Fußballs “Meine Nerven”. Der VfL Bochum hatte durch ein spätes 4-3 gegen Mitfavorit H96 (vor der Saison wie der HSV oben eingeordnet) nicht nur einen Meilenstein Richtung Aufstieg gesetzt, er hat auch einen dieser VfL-Momente gesetzt, an die man sich vielleicht Jahre später erinnern kann, wie an den Torjubel von Gekas vor den weißen T-Shirts.
Klar, Günna ist durchgedreht am Radio wie einst in Aachen und viele haben zu Hause gejubelt, das Hund komisch geguckt haben muss. Ich hatte Freudentränen im Auge als meine Tochter hochkam, aber das wird ganz vielen so gegangen sein in einem Moment des Jubels, der Erleichterung und der Rührung.

Bochums Sieg, so wichtig er war, so schmeichelhaft war er an diesem Tag. Wie in Paderborn gönnte die Abwehr des VfL dem Gegner drei Tore und siegt nur, weil Tesche ein Tor des Willens erzielte, wie einst Maltritz 2011 in Osnabrück. 4-3 das Ergebnis ist nicht ohne Grund selten.
Bochum und Hannover spielten von Beginn an mit Leidenschaft, hatten doch beide am letzten Wochenende eine Niederlage zu verdauen. Dem VfL gehörte der Start und man trat - ohne Soares - in Bestbesetzung an. Der Danilo durfte unverletzt und ungesperrt pausieren, weil er nun gegen Paderborn schlecht war und etwas “undiszipliniert” unter der Woche, das ließ Reis durchblicken.
Kocaks Team zeigte nach einige Zeit - zunächst ohne Duksch - warum sie nominell zu besten der Liga gehören. Sie bekamen ihre Chancen und Falette traf nur Riemanns Gebälk. Aber 96 wurde stärker und hätten die fehlende Kulisse in Bochum mit ihrer Spielweise nach der möglichen hohen Dezibelzahl zum Start etwas sediert, gedacht den Fall es wären 28.000 da gewesen wie 2010. Damals waren es 12.000 aus Hannover dank Gustl Ernst.

Aber so hörte man Kenan Kocak seine Spieler anweisen und er hatte damit Erfolg, Dominik Kaiser traf in der 15. Minute per Rechtschuss. Bochum schien kurz geschockt, dreht dann wieder auf und ließ die Phase Hannoveraner Dominanz abklingen. Vorher wirkte der VfL schläfrig, aber auch stets bemüht. Dann versuchte man wieder gegenzuhalten, gegen leicht überlegene Niedersachsen. Bei diesem Spielstand hätte auch Bochum Tabellenelfter sein können und die Hannoveraner 1. Aber Bochum schlug, bis dahin ohne allzu große Torchancen zurück, mit gnadenloser Effizienz. Tesche machte nach einer Zuljecke zum 1-1 rein. Das war wichtig, die Minikrise zur Unzeit aus zwei Niederlagen in Folge war vorerst abgewendet, vor allem Holtmann nach einem Losillapass allen davonlief und das 2.1 machte. Das Spiel zu drehen war an der Stelle eine Frage des Willens. Denn eine Bochumer Führung schien zu diesem Zeitpunkt glücklich, andererseits war Bochum ein gnadenloser Spitzenreiter, der nach Niederlagen unzerstörbar erscheint. Das Team glaubt an sich. Beim 0-1 von Hannover pennte der Außenspieler des VfL und dann ABK, aber die Vorderleute haben das bis zur Pause wieder gedreht gehabt. Jedem war klar, was vorher schon klar schien, das wird ne harte Nuss.

Riemann, sonst der spielerisch beste Keeper der Liga, hatte gegen Paderborn und heute nicht seinen besten Tag. Bochum wurde nach der Pause stärker, ohne die Gäste ganz abmelden zu können. Beide Teams liefen viel und gönnten sich wenig, gestatteten aber dem jeweiligen Gegner zu viele Torchancen. Bochum machte mehr draus und Zoller zeigte mal wieder den Popeyearm. 3-1 in der 62. Minute nach einer Vorarbeit von Blum, das schien eine Vorentscheidung zu sein, auch wenn Grün stark blieb. Nun wechselte man Duksch ein und prompt patzte Riemann und der neue machte sein 3-2, sein obligates Tor gegen Bochum. Damit begann das Zittern und Hannover begann Minute für Minute zu wachsen, obwohl Bochum wie die Löwen (nicht die Brauschweiger!) kämpften. Es kamen noch zwei 96ziger und nun wackelte Blau umso mehr, Die Minuten verstrichen und Reis brachte Decarli für den Torschützenkönig des VfL, Zolli, das war ein Segen, dachte man, aber es kam anders. In der letzten Minute wurde, nach einigen Chancen für die Niedersachsen, ein Ochsschuss zum 3-3 abgefälscht ins Tor umgelenkt. Der Schock saß tief, kam aber nicht ganz so überraschend, hatten die 96ziger doch auch gegen den HSV aus einem 0-3 ein 3-3 gemacht. Das 3-3 stand erneut auf der Anzeigentafel im leeren Ruhrstadion. Doch wie 1999 wollte man nicht das 3-3 bestehen lassen. Man warf noch einmal alles nach vorne, Eisfeld flankte und Tesche schraubte sich wie ein Torpedo hoch und wuchtete den Ball an Esser vorbei. Saltojubel und so viele erleichterte Synapsen der Fans sorgten für pure Dopaminausschüttung. Freude, Jubel und Geschrei, vermutlich die eine oder andere Träne der Freude, dieser Moment des Glücks an der Castroper kann den Aufstieg bedeuten.
Der Sieg gestern war glücklich, Hannover hatte einen Punkt verdient, den die Bochumer Abwehr ihnen auch zugestanden hatte und dann kam Robert Tesche, man of the match.

Und Bochum marschiert nun die “road to the Bundesliga” bis Pfingsten, muss 2-3 Spiele von 5 gewinnen, dann geht es wirklich rauf.

Verlierer dieser Saison gibt es wenige, vielleicht Ganvoula und Weilandt, der Rest ist einfach nur großartig dank Trainer Reis und hat sich solche Momente des Glücks verdient.

Und wir warten seit 11 Jahren - und das vermutlich nicht mehr lange.

Tom, CB`93

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