Neurotisch

Diese Zeilen tippe ich an einem lauwarmen und feuchten Donnerstagabend und es sind noch 2,5 Tage bis zum vermutlichen Finale furioso der 2. Liga. Nach dem 1-1 in Nürnberg konnte man verschiedene Reaktionen der VfL-Fans wahrnehmen. Einerseits waren viele etwas geknickt, wie schlecht die erste Halbzeit war, wie blockiert die Mannschaft von Bochum im Max-Morlock-Stadion auftrat. Aber dann fing man sich irgendwie in der letzten Viertelstunde und letztendlich stellte das 1-1 ein ganz passables Resultat dar. Also man hatte sich natürlich allerorten von Hordel bis Gerthe, von Langendreer bis zur Hustadt auf den Aufstieg nach einem Sieg eingestellt, nicht in dem Sinne, dass ein Sieg garantiert war, sondern dass man sich so sehr einen wünschte. Nach dem Schlußpfiff nach dem 2-4 der Fürther in Paderborn, sackten viele Fanseelen in sich zusammen und plötzlich kam eine Panik auf, den Aufstieg zu verpassen, die die ganze Woche schwelte und spukte, in den Köpfen vieler treuer Anhänger. Getrieben von der Angst, nach 10–11 Spieltagen an der Spitze nun - vorausgesetzt Fürth und Kiel siegen beide - man könne noch auf Platz drei zurückfallen, begann eine Woche der neurotischen Angst, ganz tief in der deutschen Seele ist ja diese Urangst. Aber wie realistisch ist ein 0-1 gegen den SVS und beider, beide Kontrahenten besiegen Düsseldorf und Darmstadt, beide keine Hammerwerfertruppen. Nun, im Fußball ist alles möglich. Und ja, auch mein kopf begann letzten Sonntag zu arbeiten und ja auch ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn alles schief ginge. Und da sagen viele VfL-Fans im Chor, „in Bochum muss man mi allem rechnen“. Klar, aber einen Aufstiegsplatz in der 2. Liga, hat man, hatte man ihn inne, noch nie wieder hergegeben. Aber klar, alles was schief gehen kann, geht mal schief und viele VfL-Fans sind ja auch so Zweckpessimisten und ich dazu gehöre ich ja auch. Irgendwie bin ich diesmal aber immer noch sicher, dass wir wieder aufsteigen. Also nicht in dem Sinńe, wir sind eh die geilsten, wir hauen die 5-2 wie 2014/2015 oder wann das war. Natürlich fehlt die Heimspielatmosphäre m Sonntag ab 15.30 Uhr im Ruhrstadion. Auch wenn ich wie viele glaube, dass erst die Coronakonstellation der Katalysator zum Aufschwung vor einem Jahr wurde, bin ich von der seit März 2020 gewachsenen Einheit VfLTeam featuring Thomas Reis. Dazu haben die Verantwortlichen die Ruhe bewahrt, als es im Januar 2020 nicht so lief wie gewünscht. Insofern stehen wir als erfolgreichstes Zweitligateam ganz schön verdient da oben. Aber klar, seit der VfL an Platz 1 steht, seit dem 3-0 über Würzburg, ist Bochum oben und wird natürlich, das ist nur logisch, medial gehende. Der „Kultverein“, der Traditionsverein, ein gutes, altes Stück Bundesliga kehrt nach 11 Jahren zurück, so lauten die Schlagzeilen. Dabei ist die Sehnsucht nach dem Verschwinden von Kaiserslautern, HSV, Düsseldorf und Schalke, vielleicht gar Köln oder Bremen, dass die ganzen Augsburgs, Wobs, Hoffes und Roten Bullen, die gute alte Erinnerung wieder kommt. Das ist natürlich auch nur ein Label und wie lange Bochum zurückkommt, wird man sehen. Ich sage, wir sind kein Kult oder Mythos, sondern wir sind, was wir immer waren, ein Stadtverein, der sich sauber behauptet, die Maus, die auch mal brüllt. Und ich hoffe, wir tun das Sonntag gegen die Kurpfälzer aus dem Vorhof von Heidelberg.
Nach dem vergebenen Matchball und dem verspielten Sieg in Darmstadt wäre ein mal wieder überzeugendes Ypiel des VfL gefragt, kein nervöses Auftreten und keine Fans die Exceltabellen erstellen, wie man in welcher Kombination aufsteigen könne, ohne zu Siege. Ich tippe mal forsch ein 4-1. Vier Tore für Bochum und ein Tor für den Sandhaufen.
Bei allem Respekt vor dem sympathischen Gegner, auch die treten ohne den Körper von Dennis an und wir ohne die Anführer Riemann, Tesche und Blum. Das ist so, genau wie die Geisterkulisse und der entstehende Druck, der nun sich in der Köpfen der Spieler und mancher Fans aufbaut. Und klar,ich verspüre diesen Druck, diese Angst auch.

Dabei brauchen wir gerade jetzt „Eier“, sprich, gesundes Selbstvertrauen, ohne Überheblichkeit, um am Ende zumindest den einen Punkt zu holen, der noch rechnerisch fehlt. Wir müssen ohne Überheblichkeit sagen,“ wir sind Bochum“, wir spielen zu Hause und wir spielen nicht gegen fucking Barca, PSG oder Real Madrid, nicht mal gegen den BVB oder den HSV. Es ist nur der SV Sandhausen 1916 und die kommen auch nicht mit einer Rastellitruppe an die Castroper. Sie werden, rennen, kämpfen kratzen und beißen, sie werden uns wehtun. Aber sie haben auch Resepkt vor uns und müssen bei uns siegen.
Die neurotischen Selbstzweifel sind besser los der stechende Schmerz, der uns droht, würden wir noch abgefangen.

Gut, wir sind auch nicht Dynamo Dresden, die im ungünstigen Rückstandfall (ja das kann passieren, es ist Fußball!“) und das Stadion in Camouflage, 300 Sachsenkriegern und mit Pyro das Stadionnach Abpfiff stürmen und analog zu Dresden Philipp R. verprügelten. Das sind wir nicht. Wir schwanken auch nicht wie Schalke zwischen Arroganz, Bergmannsromantik, Suff und Treueschwüren, wir sind kein Kult, Mythos oder Religion und außer uns, wartet niemand auf unseren Aufstieg. Eben drum müssen wir Sonntag nur mal wieder guten Fußball zeigen, was wir oft konnten in letzter Zeit. Reis wird da in den Köpfen der Spieler schon ein paar klemmende und festsitzende Ängste rausholen und dann heißt es ab 17.15 Uhr am 26.5.2021 , Bochum ist wieder da, Pardon „Der VfLeffelll ist wieder da!“.

Meine Taktik wäre ein Überfall wie beim 5-0 gegen Düsseldorf oder beim 3-0 gegen Paderborn, aber Thomas weiß besser, was zu tun ist.. Da, im Stürmen und Pressen, sind wir gut, dann wissen die wackeren Gäste schnell hier geht nichts und es ist ein Signal an lauschende Konkurrenten. Aber dann schleichen sich wieder die Zweifel ein, das nagende, was ist, wenn alles unrund läuft und wir uns in einer Relegation gegen Bremen spielen müssen statt die Elferschinder aus Kiel?

Nein, Leute, ich glaube diesmal felsenfest an einen Sieg in unserem Wohnzimmer und nicht den zweiten Auswärtssieg des SVS.

VfL: Drewes —- Bockhorn — Bella Kotchap, Leitsch , Soares — Losilla - Masovic (Chibsah) —-Bonga , Zulj, Holtmann - Zoller

SVS: Kampino - Nauber - Kister - Zhirov - Klingmann - Bachmann - Zenga - Narray - Biada - Behrens, Keita-Ruel

Bochum kommt wie die Feuerwehr aus der Kabine, führt schnell 1-0 durch Zoller. Dann kommt das 1-1 und etwas mehr Druck der Gäste, dann das 2-1 , von ZZ-Top und am Ende 3-1 und 4-1 in der Nachspielzeit.

Und ja ich weiß, es kann anders kommen. Und klar der Kopf ist wichtig, den Spielern fehlt Frische und Leichtigkeit. Aber dieses Pfingsten 2021 steigt der VfL Bochum auf und es wird am Ende toll. Vorher können wir ruhig leicht neurotisch rumspringen, aber diesmal geht es nicht schief, Sandhausen gewinnt NICHT in Bochum.

Tom, CB`93

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