Die Moral der stellvertretenden Schülersprecher*innen

Erst mal ist es in einer Demokratie, dass jeder seine noch so abseitige Meinung äußern kann und dann alle anderen sich herzhaft darüber aufregen könne, heute halt auch über Filterblasen Facebook, Twitter, WhatsApp oder Insta. Es ist einfach anders als vor 40 Jahren, aber das ist ja kein negatives Jammern, das kann auch mal besser sein.

Hier kommt also meine höchst subjektive Meinung zum jetzt wohl berühmtesten Bierbecherwurf der VfL-Vereinsgeschichte seit 1848. Ich war tierisch abgefuckt wie alle 25.000 Fans im Stadion, nicht nur ein Spielabbruch (die alte Hoolparole „Sieg oder Spielabbruch“ aus den Achtzigern wirkt da wie ein Telegramm aus einer längst vergangenen Zeit), sondern auch vom Schaden, den der VfL nimmt, geldlich, sportlich und natürlich vom Image. Von den sympathischen VfL-Fans über die Ruhrpottassis bis hin zu den notorischen Rowdies, alles ist drin in Bochum 2022 und in den Medien, die fleißig über Bochum berichten, was ja prinzipiell gut ist. Ich disse hier auch keine Medien oder Journalisten, sie können alle ihre Meinung haben, zu dieser Tat. Ich habe meine und ja, die wird nicht jeden freuen.

Tatsache ist, seit dem furiosen Sieg über Bayern, hat Bochum nur noch Punkte in Stuttgart (glücklich) und gegen Fürth geholt. Das ist mal eine kleine sportliche Krise und die muss Reis mit Co und Sesi aufarbeiten,um in 2 Wochen in Hoffenheim voll auf dem alten Weg zu sein. Thomas Reis ist der richtige Mann dafür. Wir schaffen das.

Also, der Bierbecherwerfer, den sie nun wohl identifiziert haben, hat dem Verein sehr, sehr geschadet und wir sind alle beim VfL sehr wütend auf ihn. Die einigen fordern, dass er alle Kosten übernehmen solle (1 Mio tippe ich mal), was natürlich total unrealistisch ist. Und dann so eine Art finale Entwürdigung („das ist kein VfL-Fan“) und Riemann hat das stellvertretend für alle Fans gegenüber dem Block A gemacht „seid ihr b……..“, das habe ich gehört und der Kambodschamann auch.
Mir kann man natürlich auch den berechtigten Vorwurf machen, ich habe zu viel ins Handy geschaut und daher den Wurf des Fans aus Block A nicht zu Beginn gesehen, was so in etwa stimmt. Dennoch fragten viele, ob ich den Werfer kenne und ich ihn nicht identifizieren kann. das haben einige gefragt. Das Problem des Zuviel aufs Handy Guckens ist übrigens ein viel größeres Problem als der gemeine Bierbecherwurf aus Bochum (und Pauli ,_)

Dann der Sachverhalt: ein Bierbecherwurf eines leichten, aber gefüllten Plastikbechers ist vor Gericht eine leichte Körperverletzung, die meistens, bei einem nicht vorverurteilten Menschen fallengelassen würde. Zivilrechtlich sieht das anders aus und der Linienrichter kann ja den gefassten Täter auch auf diesem Weg verklagen.

Der Weg vom Verein aus ist da schwieriger, da es bei der Strafe des DFB/der DFL um eine Vertragsstafe handelt, die man nicht ohne weiteres an den Verursacher weitergeben kann, auch wenn sich das viele wünschen.

Kommt es zum Geisterspiel oder Spiel an einem neutralen Ort gegen Leverkusen als Strafe des Sportgerichtes, dann ist natürlich auch ein gewisser sportlicher Schaden da, was aber eher vom Team abhängt. Man kann die Wut über die gedankenlos Tat eines Betrukenen natürlich auch ab nächste Woche anders abfangen und einfach in Sinsheim gewinnen, selbst wenn da keine Gästefans mitdürften.

Für alle, die gedanklich „die Kreuzigung“- „für dieses dumme Arschloch“, eine Geldstrafe und kein Gefängnis ist wahrscheinlicher, da wir ja in einem Rechtstaat leben. Und das ist hart zu ertragen. Das muss man aushalten, genau wie Andreas Breiwiks Gnadengesuch und die Beschwerde über zu harte Haftbedingungen in einem norwegischen Gefängnis. da wird man natürlich wütend und wünscht sich die Todesstrafe zurück, aber die wurde halt aus guten Gründen abgeschafften.

Und wir reden in Bochum halt über einen Bierbeecherwurf und ohne Arzt zu sein, das Schleudertrauma ziehe ich als Laie in Zweifel und wenn man das Verhalten des Schiedsrichtergespanns sieht, kann man sich schon fragen, ob die im Gladbachtrikot angereist waren wie 1500 Fans mit ihnen.

Das ist keine Rechtfertigung für eine überaus hohle Tat mit schlimmen Folgen für uns Mitglieder des VfL Bochum. Da bin auch überaus wütend über diesen Becherhonk. Aber Fakt ist auch, Hoffenheim gegen Bayern wurde eben nicht abgebrochen wegen Beleidigungen „Hurensohn“ (was ich nicht fordere!) und Pauil gegen Schalke (Becherwurf) sowie RWE gegen Preußen Münster (Böllerwurf) schon.

Ich stelle mal provokant die Frage, hätte Günther Perl damals in der Relegation 2011 BO-BMG abgebrochen hätte, hätte ein Gladbacher Fan beim Stande von 0-0 den Linienrichter getroffen. Ihr sagt jetzt sicher, ist fiktiv, na klar, aber es zeigt ja auch, wie unterschiedlich der DFB und seine Akteure agieren. Und dieser Eindruck, darf ja bei dem zu erwartenden harten DFB-Urteil halt auch nicht entstehen, da alle vor dem Sportgericht gleich sein sollten.

Und klar, die Gewalt gegen Schiedsrichter, von der Kreisklasse bis eben zu solchen Taten bei den Profis stellen ein Problem da, nach Corona ist der Schirimangel höher denn je.

Aber genauso schlimm wie die realen gesellschaftlichen Probleme, hier beim VfL offensichtlich der Bierbecherwurf als Habitus beim Heimspiel, ist die pseudomoralische Erhebung der anderen darüber, wie schrecklich das ist. Ist es das wirklich. Ein Becher, der fliegt und keinen trifft bleibt auch dumm und verwerflich, aber es gibt auch Schlimmeres auf dieser Welt.

Wir müssen uns vor allem aufgrund der Folgen für den Verein vielmehr, auch als VfL-Fans selbst, hinterfragen, wie wir die Becherwürfe deutlich reduzieren können?

Jeder sollte sich einer klaren Strafe (Geld, Ausschluß für eine Saison) für Becherwurf bewusst sein, eine Kampagne kann das begleiten und wir restlichen Fans sind sicher dem Thema gegenüber sensibilisiert.

Das VfL-Team soll seine Wut auf den Vollhorst und die daraus resultierende Strafe auf den Rasen bringen und die 10% mehr raushauen, die die letzten 6 Spiele, eigentlich seit Stuttgart fehlen.

Die Journalisten von WAZ, Bild und Co. sollen einfach die Kirche im Dorf lassen und nicht übermäßig Moralisieren über das Maß, denn als 1991 uff de Betze die Fackeln brannten und mehr als nur Becher flogen, war das noch „gute südländische Stimmung“. Das ist heute halt anders und das ist auch richtig so. Aber ein Becherwurf ist auch nur ein Becherwurf und kein schweres Verbrechen, der Täter kann auch einer von uns im Block A sein und Leute, die ihr Geld damit verdienen, was zu schreiben können dies gerne tun und Moral zeigen, das ändert meine Meinung als Bochumer Fan aber nicht. Ich bin dieses Jahr sehr stolz auf Fans, Spieler und die Mannschaft und daher auch bereit Fehler zu verzeihen. Und natürlich, jeder muss die Konsequenzen seines Handels tragen und wir akzeptieren die Strafe des DfB, wenn sie angemessen ist. Und klar, der Linienrichter soll schnell wieder pfeifen und fit sein, die Tat tut uns leid, sie ist und bleibt saudämlich, aber sie muss nicht vor dem Kriegsgericht in Den Haag besprochen werden.

Und ganz ehrlich, wo gehobelt wird, fallen Späne, aber Freitag war nun wirklich ein gebrauchter Abend, Niederlage, Becherwurf, Abbruch und die Schande eines Einzelnen tragen wir nun alle.

Und an Philipp, ja es war kein Einzeltäter und viele machen das, aber viele fahren auch zu schnell Auto, rauchen Rothändle ohne Filter und das ist auch nicht gut und schädigt andere. Ich hoffe, alle Beteiligten Journalisten und Schiedsrichter sind auch so fair, über ihre Worte mal nachzudenken.

Tom, CB‘93, Block A

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