Keine gute Idee

Jeder Mensch hat gute Ideen und manchmal liegt er auch schrecklich daneben - so wie ich am Donnerstagabend. Mein Kollege Sven hatte 10 nette Arbeitskollegen und -kolleginnen in die Scheinbar im Belgischen Viertel eingeladen. Es gab Caipi, Bier (und Kölsch) und Wodka Red Bull, gute Laune und viele nette Geschichten, aber so was kann niemals so attraktiv sein wie die Regionalliga West - dachte sich Tom McFußballscheinexperte und Kaffeetante. Da hatte RWE sich letzte Woche an unseren VfL-Amateuren die Zähne ausgebissen, Prokoph hatte getroffen, und dieses mal spielte Essen in der Südstadt, im Stadion Süd, der Heimstädte von Fortuna Köln. Naja, gut, da muß man sich zwei Tage vor dem Antiislamkongress in Köln nicht direkt in die RWE-Kurve stellen, da werden ja einige Jungs wohl dem Weg in die Domstadt finden, die auch zum Unfeld der Essener gehören, so dachte sich Mr. Mc -  Ich hab schon 345 Groundpoints - und ging in die Kölner Kurve, Gegengrade. Als erstes begegnete ich einem Ex-Schüler von der Horde, der mich prompt fragte, ob ich mich verlaufen hätte. Klar, der hatte mich eher bei “Jugend forscht” erwartet und war ganz baff, dass ich mich auch für Fußball interessiere. Dann erinnerte ihn an Kölns 0-5 an der Hafenstrasse mit dem Beisatz, da könne man ja nun auch mal Baden gehen, das wäre schon ganz anderen passiert, was den Smalltalk deutlich kürzer als sonst üblich ausfallen lies.

Da noch moralischer Sieger, musste ich schnell einsehen, dass mein Ex-Schüler plus drei Studenten die einzigen nicht vorbestraften Herren außer der Polizei waren, die im mit 100 Leuten gefüllten Block waren.Wäre ich die nackte Heide Klum gewesen, hätte ich wesentlich unbeobachteter Richtung RWE Kurve, Ende der Geraden, gehen können. Da waren dann FC Hools mit Steinar Fashion, die ich auf ihren modischen Fauxpas deshalb nicht hinweisen wollte, weil ich nicht in die Kieferchirugie des Kölner Uniklinikums eingeliefert werden wollte und mich auch nicht für Karl Lagerfeld halte. Die Hools verarschten einen Ordner, weil er eine Brille trug, was den Jungs aus Kalk eindeutig zu intellektuell war. Zumindest das hatten sie mit dem Kommunisten Pol Pot gemeinsam. Ich schwieg aber. Sie mutmaßten, der Typ hätte bestimmt wohl auch noch Abitur, was für sie scheinbar mit latenter Homosexualität einherging. Sie schienen auch direkt die Essener Fans zu beobachten und sich mehr für andere Dinge als das Spiel zu interessieren. Ein gutes Buch zu Hause zu lesen, diesen Hinweis gab ich ihnen nicht, weil ich ihre gute Laune nicht eintrüben wollte. Aber da waren auch noch ‘nen Typ mit Nummer-88-Jogger und Spinnennetztätowierung und der wäre durch die 40.000 Leute von der Gegendemo vom DGB durchmaschiert und hätte ‘ne Tuse mit Friedenstaube gefragt, wo es zur anderen, echten Demo ginge - er hätte ‘ne richtige Auskunft bekommen. Ich wollte auch diesen Mann nicht direkt wegen seiner Lebenseinstellung und Gesinnung kritisieren, die ich ja auch nicht direkt kennen konnte. Die Typen von der Horde fanden mich auch deutlich weniger cool als ihn, vermutlich weil das alles Köln “Fans” waren und ich irgendwie - mein Ex-Schüler hatte da garnicht so unrecht - mich leicht verlaufen hatte. Nur, das kann man bei so einem Spiel ja auch nicht sagen - man wußte nicht, was auf einen zukommt - klingt so realitisch wie ‘nen Abend im Pascha, wo man seine PS portable mithat, damit man nicht die widerliche Fleischbeschau mit machen muß.

Da fiel das 0-1 für RWE, 300 Essener jubelten und sangen, “wir werden Essen nicht vergessen”, was die Kölner mit “Rot-Weiß-Essen-Ficken-und-Vergessen” beantworteten und eine Essener Studentin, neben den Hools - nein, ich sehe keine tote Menschen - sagte, darauf hätte sie ja nur gewartet, niveaulos. Sie suchte positive Verstärkung bei mir, die ich ihr aus unterschiedlichen Gründen verweigerte: 1.) die Fünf Typen aus Kalk fanden den Gesang total geil und ich wollte ihnen einfach nicht erneut den Abend verderben (wegen meiner bloßen Existenz) 2.) sie waren sich vielleicht des impliziten Sexismus ihres Spruches nicht bewußt 3.) Ich wollte einfach nicht in die Kölner Uniklinik, getreu dem Motto: der Typ ist kein Kölner, trinkt Kaffee beim Fußball (=>HOMO) und ist bestimmt Gladbacher Späher oder noch was schlimmeres, Schalker womöglich.

Ich blieb cool und lies die hübsche Bücherleserin alleine mit der Männerwelt und ging zum Klo, um einen COMMANDO-Spukki hinzukleben, wo sonst die Fortuna-Eagles pinkeln und der blieb dort auch gloriose 20 Minuten hängen. Beschweren wollte ich mich nicht bei den Leuten, denn, ihr denkt es euch schon, ich wollte einfach nicht in die Kieferchirugie am selben Abend.

Naja, das 0-2 für Essen war etwas einseitig, hätte man erwähnen können, aber,ob das das Eis zum Schmelzen gebracht hätte, ich bin mir nicht sicher. Auch Witze über den alten Cullman und Kölschen Klüngel lies ich sein, denn, je nach persönlichen Standpunkt, kann man da leicht mißverstanden werden. Die Jungs aus Kalk schienen auch irgenwie nicht den Abend zu haben, an dem sie nun wirklich zu Späßen aufgelegt waren; genauso wenig wie die zwei Glatzen, die mich nun musterten, als ich mich weggestellt hatte. Irgendwie wäre ich gerne so gefühlte 30 Minuten vor dem Ende gegangen, obwohl beide Seiten ein für die vierte Liga passables Spiel hinlegten, aber wer weiß, wie dieses Signal von den Freunden der dritten Halblbzeit interpretiert worden wäre. Deshalb ignorierte ich alle Warnsignale und kozentrierte mich ganz auf Match, in dem Köln Amas den Ball nicht im Tor des Essener Keepers versenken konnten, obwohl es verdient gewesen wäre. Ob Daum oder Koch auf der Haupttribüne saßen, hätte ich gerne gewußt, aber auch diese Frage sparte ich mir ebenfalls, obschon Fußballunkundige da waren.

Als das 0-2 durch zwei Tore von Mölders vor 1400 Zuschauern beendet war, beschloß ich mit den 60 Polizisten aus dem Stadion zu gehen, weil draußen circa 30 Leute auf der Vorgebirgsstrasse wohl nicht auf eine Jamsession warteten, sondern eher auf eine Pogoparty mit mir - ohne aufheben. Ich setzte mich auf mein Fahhrrad - und das müssen die Kölner geahnt haben, fuhr davon, ohne mit ihnen über das kollabierende Finanzsystem gesprochen zu haben - vieleicht ein Fehler und Vorurteil, dass sie das garnicht interessiere.

Ob ich morgen nach Cottbus fahre, nö, der war ich ja auch mal auf einer Tanzveranstaltung, die eher so in die Richtung ging, das man eventuell derjenige ist, auf dem getanzt wird. Das ist ja auch nicht jedermanns Geschmack.

Nee, echt manchmal ist Premiere prima, vor allem, weil es Leute gibt, die garnicht ins Stadion kommen, um das Stadionheft zu lesen und Sammelbilder zu tauschen. Unfassbar.

Wie ich den Kölner Abstieg am 34. Spieltag feiere, naja, nicht groß eher so, intern. Wieso? Naja, dass glauben mir die Jungs dann nicht, dass ich mich nur verlaufen hätte…

Tom, Zentrale für Märchen, Lügen, Geschwätz

 

 

 

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