Atzenpower oder Axolotl Roadkill

Nichts symbolisiert den extremen Gegensatz des modernen Berlin besser als der Debütroman einer 17 Jährigen Göre, die beschriebt, wie fertig sie durch das Bohemeleben ihres Vaters in der Hauptstadt gemacht wurde (und mit der Mum nach Bochum zog) und die neue Partyhmne “Discopogo”, der Berliner Partyatze “DJ Frauenarzt”. Berlin total zerissen, pleite, verbaut und fertig, Berlin hipp, schrill und wild und ruhelos. “Hey, was geht ab!” sangen die  Berliner Fans auch noch im letzten März und “feierten fast die Meisterschaft”, Platz 4. VORBEI: Da waren Voronin, Pantelic und Simunic ebenso bei Hertha wie Honeß und Favre und das Stadion war randvoll. Gegen Gladbach kamen noch 46.000, gegen uns werden es 33.000-35.000 sein, die “Nur nach Hause gehen wir nicht” anstimmen wollen, bei gefühlten oder realen -15 Grad wie in Hannover. 

800 Bochumer und 20 bfis werden dagegen singen und tanzen, um nicht zu frieren.

Berlins Zerissenheit zwischen urbaner Megacity, Ort der Kreativen, Promis und angesagten Parties und Haupstadt der Schulden, uninterierten MigrantInnen und Hatz 4-Armut spiegelt nichts so gut wieder wie Hertha BSC Berlin und seinen Status der künstlichen Aufgepäppeltheit. Auswärts hat Hertha oft wenig Support, zu Hause hat man viele Zuschauer, wenn man IN ist, wie letzte Saison. Doch das ist nicht leicht im Berlin von Mediaspree, 300 Millionen-U-Bahn und brennenden PKWs.

Einst in den Siegziegern ein grauer Mauerclub aus dem Westen (”Freunde hinter Stacheldraht”) der geteilten Stadt auf Augenhöhe mit 96, RWE, Union Solingen, Fortuna Köln und Wattenscheid in Liga Zwo (….da kann es gut wieder hingehen 2010….), dann Aufsteiger 1990 nach der Wende und erster Ost-West-Club der Fans in der Republik. Danach Abstieg 1991 und Wiederaufstieg 1992 und der Weg in die Belle Etage, der Bundesliga, einmal Championsleague und den UEFA-Cup noch in diesem Jahr. Hoeneß sollte Berlins Olympiastadion zu einem zweiten München machen, Geld fast egal. Die Schulden blieben, mann musste den Etat abspecken.

Woszi, Beinlich, Kruse, Preetz und Alex sowie zahllose andere teure Brazilsternchen, nichts war der ehemaligen Skandalnudel aus Charlottenburg, der lokalen Politik, den Medien und letzendlich dem Steuerzahler zu billig, die Kosten für die blaue Tartanbahn werden schon irgendwann gezahlt. Ob Football, Eishockey, Basketball oder Fußball, man will überall oben sein in der neuen Sporthauptsadt Berlin. Der Club ist momentan noch ganz unten in der Tabelle, 18., es droht ein Derby an der von Fans selbstwiederaufgebauten Wuhlheide anstatt ein Sektfrühstück bei Real Madrid oder ein Spitzenspiel in Bremen.

Doch die graue Karnevalseminenz Funkel, die Favre folgte, hat mit vier Neuen gut eingekauft, u.a. Gekas und Kobiashvilli verstärken das Team der Berliner Hertha, Kringe ist endlich fit. Hinten in der Defense um den Ex-Bochumer Elferkiller Drobny (”Wir werden Bochum weh tun!”), Friederich (Nationalmannschaftsspieler mit Fehlern) , von Bergen, Piszczek und Lustenberger ist die Hertha anfällig. Gladbach und Hannover trafen zwar nicht, aber mit schnellen Kontern über Dedic und Sestak sowie Freier und Epalle sollte ein Tor möglich sein, vielleicht gar zwei, wenn’s läuft. Wir sind ja endlich scheinbar auch nach Rückständen UNBEUGSAM.

Gerade vorne im Sturm ist die neue Atzen-Hertha gefährlich und nicht mehr mit dem Berliner Team zu vergleichen, das wie fast immer vor 6 Monaten in Bochum verlor. Damals beim 1-0 stand noch Kacar (verletzt), Ebert, Stein und Wichniarek in der Startformation, das ist passe’. Der Ex-Bielefelder scheint schon ein zweites Mal im märkischen Sand unterzugehen, tragisch für ihn.

Diesmal wird Spielmacher Raffael zusammen mit Cicero den brandgefährlichen Ramos suchen und anspielen, der Südamerikaner hat einen Megalauf und traf zuletzt fünfmal. Der Kolumbianer ist zwar der komplettere Spieler im Vergleich zu Gekas, doch der kann gut abstauben (wie gegen 96) und gerne lang geschickt wird. Gefahr also für unsere Leichtmatrosen Mavraj (der fast 2 Tore gegen Schalkes Kuranyi verschuldet hätte), Fuchs (dem Farfan immer wieder im RÜCKEN weglief), Concha (gegen Gladbach Weltklasse, gegen Schalkes Sanchez Kreisklasse), die auch bei den Standards von Cicero und Flanken von Kringe (sieht oft anaerob aus) aufpassen müssen. Ich leg mich fest, wir spielen am Samstag nicht zu Null hinten. Nach vorne müssen also zwei Tore her.

Diese offensiven Vier-Fünf bei der alten Dame müssen die “neuen” Kampfschweine Maric und Dabrowski “einfrieren”, damit der heisse Tanz bei Minusgraden ausbleibt. Vorne müssen der Berliner Prokoph (er traf gegen Schalke schon mal den Pfosten) und Slowenien-Volksheld-Dedic mehr über die Flügel machen, sonst wären Freier und Schmolli-Aza wirklich die besseren Alternativen. Lang nach vorne bringt nicht nur gegen Schalke nix. Capitano Maltritz muss wie im Derby (”gefühlter 2-2-Sieg mit Monstertorpogo”) vorangehen und Willen sowie Härte zeigen und dem Kolumbianer und den Brasilianern die Lust nehmen, im arschkalten Olympiastadion zu brillieren. Wir mögen ja seit neustem “kalt”. Vorne werden (hoffentlich) Sestak und Epalle wühlen, Man-of-the-Schalke-Match-Hashemian und der ewigkränkelnde Klimo sind die Bankalternativen für Heiko ebenso wie Pferzel und Grote. Yahia will lieber beim Africa-Cup-halbfinale “Krieg haben” mit dem BVB-Ägypter Zidan… Aber wir brauchen ihn als Alternative für den stagnierenden Mavraj, wenn Jonny nun nicht kommt. Die Konstanz der Spieler muss weiter erhöht werden, die schnellen Flachpässe.

Herrlich wird gegen die Berliner, die eine echte Tasmania-Hinrunde machten, kampfstark, konzentriert und defensiv hinten raus spielen lassen wollen, ähnlich wie Frontzek seine Gladbacher spielen lies. Der VfL Bochum hat einen kleinen Lauf (nur ein 1-5 gegen FCB) iin den letzten sieben Spielen, ist auswärts relativ stark (vier Siege), wenn Bochum nicht das Spiel machen muss. Der VfL glaubt zur Zeit an sich und das Team weiss (hoffentlich) um die Bedeutung des Spieles. Heerwagen z.B. sollte nicht soviel den Ball fallen lassen wie am Nordpark, sonst ist Gekas, unser zweiter Ex-Bochumer dar und staubt ab. Drobny ist zwar hinten ‘ne Karte, aber den Rest der Berliner Abwehr kann man ausspielen, vor allem Links ist/wäre Berlin anfällig für schnelle Konter (wie beim 0-1 in BMG). Glück brauchen wir eh…

Bochums Punkt oder ein Sieg bedeutete, dass Hertha diese Saison nicht mehr an uns vorbeikommt. Eine wichtige Zielsetzung wäre erreicht, dann fehlt noch eine zweite Mannschaft und die Relegation wäre schon sicher. Positiv ausgedrückt, mit einem Sieg wäre man gegen Leverkusen etwas freier (”Wortspiel!”), um mal auf ein Unentschieden spielen zu können gegen den famosen Spitzenreiter. Dann wäre der Abstieg zwar noch drin, aber stünde nicht mehr im Vorgarten wie unter Koller und Heinemann.

Berlin weiss ganz sicher um seine letzte Chance. Vor allem nach vorne stark verbessert, hat man zwar nach der Winterpause spät angefangen zu trainieren und doch hat Funkel sein Team endlich gefunden. Er wechselte gegen Gladbach nicht einmal aus!!! Er vertraut dieser Elf und hat auch schon zwei Spiele ohne Niederlage hinter sich. In Berlin kann eine neue Euphorie wie im letzten Frühjahr entstehen, wenn man noch 2-3 Mal siegte. Bochum muss der Anfang für die alte Dame sein, das macht es für uns schwer/arbeitsintensiv. Es wird hart/ Hertha (2. Wortwitz!!!).

Berlins Bürger und Fußballfreunde aus Holst am Zoo wollen von den starken Alltagsproblemen abgelenkt werden und ein Jahr zweite Liga würde sie schwer schocken, d.h., das wollen sie nicht sehen. Aber wer will das schon?. Hertha kämpft zusätzlich um seine Bedeutung in der Stadt Berlin plus brandenburgisches Umland. Sie, die Fans, wollen nicht wissen, wie fertig, deprimierend und grau Berlin sein kann (vor allem im Winter) und wollen weiter lustig Brot und Spiele. “Ohoho  -wir wollen die Eisbären sehen” wäre ein guter Ersatz für Wowi, Joschka und Günther Jauch, wenn die Medienkaravane weiterzieht zum Kikatclub, Kaviar im Rodeo und Rekordschulden.

Eine Hertha in der zweiten Liga wäre das Format der Achtziger Jahre und müsste wohl bei Big Brother werben, um neue, jungen Atzen ins Stadion zu bringen.

Axolotl Roadkill ist übrigens ein angefahrener, mexikanischer Lurch, gute Beschreibung für Berlins alte Dame…

Bochums Team hat es am Samstag in der Hand, ich bin sehr gespannt…

Tom, CB’93, Sektion Rheinland’04

 

P.S.: Grüsse an die Atzen von der Berliner Botschaft - gilt immer noch Freibier bei jedem Bönigtor ??? (…der fehlt ja nun leider als Alternative zu Fuchs!)

 

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