Das zweite Spiel

Für Europäer scheint die WM 2014 zumindest in der Breite so langsam zum Menetekel zu werden. Nachdem Titelverteidiger Spanien den plötzlichen Herztod erlitten hat, kam Englands frühestes WM-Aus seit 1958 schon fast obligatorisch und mit Ansage. Auch der Europameister von 2004, die Hellenen mühen sich redlich und bis dato erfolglos. Die Engländer - der Gigant der Vergangenheit von 1966 -fliegen jetzt schon vor dem Elfmeterschießen heim: Rooneys rote Birne ist bereits bemitleidenswert: Witze über German Penalty schools “out”. Gut, dass Chile und Uruguay was können, ahnte man schon abseits der Kickerredaktion und Elf Freunde, aber dass Costa Rica Italiens Herren alt aussehen läßt, kann man nicht nur dem tropischen Klima anlasten, obwohl die Schwüle sicher eine wirklich große Rolle spielt bei solchen Ergebnissen.
Jetzt könnte gar der HSV Weltmeister werden oder Equador ins Halbfinale!
Während (West-)Afrika zum xten Mal alle Hoffnungen enttäuscht und sich gewohnt raubeinig, launisch, divenhaft und intern undiszipliniert zeigt, rockt Süd- und Mittel- sowie Nordamerika (Mexico und USA) die Fußballwelt und Milliarden Menschen staunen über die spanische Revolution (ohne Spanien) in Übersee.

Die Proteste gegen die fucking FIFA, die brasilianische Korruption und allgemeine Geldverschwendung werden an den Rand gedrückt (außer man ist der schwarze Block), denn die panamerikanische Fußballbegeisterung wirkt verdammt echt, trotz der wirklich abartigen “Ich bin im Bild, wir liegen 0-3 hinten und ich jubel dennoch wie auf Koks”-Spaßmacken. Oh, wie ich die hasse, in solchen Momenten, aber wirklich nur in solchen Momenten, wünsch ich mir 300 Dresdener Ruhestörer plus Gelsenszene und 500 Argentinische Kategorie C-Leute, die - wie die Chilenen - das Stadion im Pressebereich stürmen und alles an Flatscreens kaputthauen. Jetzt isset raus, aber nein, ich fahre bestimmt nicht zum Onkelz-Revival an den Lausitzring, zur Onklusions-Coverband (da grüße an Stephan, Björn und Co). Größerer Gruß an Kai, Drohni und Trifan nach Fortaleza in Brasilien vor Ort, rockt das Haus mit den Schwaben.
Aber sonst ist es erfrischend, dass neben Brasilien, Argentinien und Holland auch die Franzosen zeigen, wie schöner Fußball auch erfolgreich dargeboten wird.
Ob Deutschland das psycholgisch besondere, zweite Spiel gegen Ghana rocken kann, werden wir heute ab 21.00 Uhr aus äquatornähe berichtet kriegen, vom Opdenhövel und Mehmet? Eher Beckmann, Kahn und Delling, die ARD-Mumien sind (immer) noch da…wer ist Reporter Tom Bartels? Muhahaha….

Aber auch das ist Schall und Rauch, denn das Spiel gegen Portugal hat Bock gemacht auf Jogis Jungs. Für Hummels könnte Jerome Boateng nach innen rücken und damit auf seinen Bruder treffen, der sicher gut wütend auf seinen schwarzen Trainer Appiah ist. Auch Essien ist nicht der beste Buddy des Black Stars Coaches. Das Problem des nach vorne ungemein talentierten Starensembles sind in gewisser Weise die Probleme von Afrika: Mit vielen Möglichkeiten ausgestattet fuhr Ghana voller Hoffnung und Freude zur WM. Boateng tönte, Sarpei wtizelte, Essien guckte böse und alle betonten, “Ja, wir können wirklich Weltmeister werden!”. Doch dann kam die fußballerisch begrenzte USA mit Klinsmann, Vogts und Jones und fidelte die Westafrikaner (unverdient) weg. So what?
Nun steht Ghana gegen die bestorganisierten, klugen Deutschen unter Druck und hat nur da Wetter als Trumpf. Das wird uns ordentlich zusetzen, so dass Klose, Schweinsteiger und Poldi (sowie Pinkel-Großkreutz und der brave Kramer) weiter draußen warten müssen: Jogi spielt vielleicht mit Mustafi (oder Ginther), ganz sicher mit Kroos, Lahm und Kheidira, mit dem formschwachen Özil - und vorne (als falsche Neun) mit Radio Müller. Nein, die Adlerträger werden heute selbstbewußt zur Sache gehen und Ghana wird in Härte und Wildheit seine Chance suchen, aber die tiefe Zerstrittenheit von Kamerun hat Ghana zwar nicht, aber auch nicht den Teamspirit von Frankreich und Costa Rica.
Während Asien wirtschaftlich aufholt - und Süd- und Mittelamerika im Fußball - wartet der schwarze Kontinent wieder mal auf die Stunde des Siegers, die doch irgendwann kommen muss.
Hoffen wir, sie kommt nicht gerade heute.

Tip: 2-1

Tom, CB’93

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