Déjà-vu - zum Quadrat!

Das Aufregendste an dem Bochumspiel am Freitag war die 94. Minute. Noch 12 Sekunden der 4. Minuten der Nachspielzeit zu spielen, als Bochumer weiß man, was da passieren kann. Diesmal passiert es umgekehrt. Captain Luthe ist mit nach vorne gekommen, alle sind im Darmstädter Strafraum vor der Ost. Der Ball wird nach links geköpft, Luthe kickt ihn rein und Forsell macht endlich das, wofür er geholt wurde: treffen. Der Ball geht irgendwie über die Linie, erlösender Jubel der 18.000 Bochumer. Die 1000 Lilienfans gucken doof, einige rennen auf der West zum Zaun und lassen sich auf einen Händel mit ein paar übermütigen Bochumern ein. Den Rest des Abends werden die 15 Kisten Bier und 15 Pullen Schnaps (15 Geburtstag, das Commando liebt Symbolik) verzehrt im Ultraraum, was das Spiel nicht besser machte, aber die Laune schon und die Grenzen der Wahrnehmung werden gedehnt.

Nein, es war nach dem 0-5 in Heidenheim das schwächste Spiel des VfL in dieser Saison. Nach 10 Spieltagen ist man 8. oder so und man kann unter dem Strich mit dem erreichten zufrieden sein. Die Fans kommen wieder, der Fußball ist attraktiver, die Punkte kommen eichhörnchenmäßig rein.

Doch nimmt man das gestrige, sechste 1-1 zum Maßstab, muß man von einem verschenkten Jahr nach zwei miesen Jahren sprechen. Denn das VfL-Spiel am gestrigen Freitag war ähnlich offensiv schwach wie letztes Jahr (mit dennoch besseren Einzelspielern), das Mittelfeld um Latza, Losilla und Tasaka ideenlos und vorne gab’s sehr wenig Bälle, Sestak schwach, Terrode bemüht und der Finne Forsell war trotz Länderspielwoche keine Startalternative zum logischerweise müden Slowaken.

Holthaus ersetzte Perthel (der mit der scharfen Freundin) ganz passabel, aber Malcom kann Simunek einfach nicht substituieren.

Engagierte Orangene lassen den VfL mit rennen und kämpfen nicht ins Spiel kommen, Schuster war wohl klar, was der VfL versuchen würde. Bochum wirkte zum ersten Mal seit Heidenheim mutlos - und erspielt sich auch anders als vor 2 Wochen kaum Torchancen.

Die ersten 20 Minuten spielen nur die Hessen, dass 0-1 fällt nach einer Standdardsituation, ein Bochumer fälscht einen Bregerieschuß unhaltbar für Luthe ab. Dann sieht man oft wie Bochumer Spieler per Rückpass ihren Torwart suchen, scheinbar erwarteten sie von ihm eine Spieleröffnung.

Die Mannschaft kann mit dem massierten Zustellen nicht umgehen und der Plan B des Trainers Neururer war nicht für jeden sichtbar. Seine nicht unerhebliche Anzahl an Kritikern wird dieses Spiel als Maßstab für Stagnation sehen. Gestern konnte man sogar leichte Rückschritte wahrnehmen, wenn man dem Trainer was Negatives wollte und ihm dann noch Schalkebesuche aufs Brot schmierte.

Fans wie Günni Pohl (der ist bestimmt beim 1-1 abgegangen) werden ihm die Medienwirkung und Erfahrung attestieren, aber gestern hätte er das letzte Spiel vor der JHV fast verpatzt. Ginge die Partie nicht mit 0-1 in die Pause, sondern mit einem möglichen 0-2 durch Strohengel, dann wäre die gute Stimmung in Bochum dahin.

Noch ist sie okay, denn noch liegt der Verein im Soll. Aber fehlende Perspektive entsteht, wenn die Leute nicht mehr sehen, wie die sportliche Leitung gedenkt, das Ruder nach mal nach oben rum zureißen. Und gestern sah man so Miniwölkchen im sonnigen Oktober aufziehen, die Minuten 45-60 wurden nicht besser: Blau-weiß fand kein Mittel, die biederen und fightenden Lilien in die Achtziger zurückschicken, als sie uns zuletzt begegneten. Nein, Stückwerk, fehlendes Tempo und ein uninspiriertes Mittelfeld, dazu AVs, die zu wenig nach vorne gingen, das alles sorgte für Murren auf der Tribüne, Unmutsäußerungen gab’s keine.

Die Darmstädter Fans, hinter einem Old-School-Banner “DA-City”, feierten immer mehr ihren möglichen Auswärtssieg, auch weil Terrazino, Weiß und Forsell brachten nicht die Wende und die Darmstädter waren auch nicht in der Lage auf 0-2 zu spielen.

Dann kam diese 94. Minute und Bochum lag sich in den Armen, die Herbstferien hatten ein nettes Ende genommen. Das sechste 1-1, das ist irgendwie gefühlt “Weltrekord”, vorgestern war’s ein gewonnener Punkt und ein gefühlter Sieg. Nur das “Wie”, darüber kann man streiten, wie schlimm oder wie alarmierend das “Wie” war. Das die Kritiker des Trainers da Oberhand haben, ist klar. Doch es muss in Leipzig und Dresden eine Reaktion geben, sonst wie CH auch ein Trainerkritiker und das wäre nicht gut.

Tom;CB’93

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