Die verlorene Chance des Alfred Draxler

Zuerst mal bin ich Leser der Fußballbild. Dann fühle ich mich als ultraaffiner Leser angesprochen, wenn dieses “Fachmagazin” über Ultras schreibt. Dazu ein paar Gedanken: Die neue Kampagne der BILD, Sport Bild und Fußballbild (mit identischen Artikeln) soll eine Serie sein, die über den “Krieg” des in der Szene unbekannten Dortmunder Rappers “MIKI gegen den DFB” berichtet. Bild sieht sich tatsächlich formal als “neutrales” und “fachkompetentes” journalistisches Format. Das zeugt zumindest von gewissem Humor. Noch weniger ”neutral” als Szenefeindbilder Kind oder Rangnick zu sein, schafft das kommerzpopulistische Organ locker, allerdings hapert es brutal an Szenekenntnis, Interesse für die Sache der Fans und journalistischem Ethos, von Empahie wollen wir garnicht reden. Der als von BILD als Beleg verwendete Angriff der Ultras (?) 96 auf Bunleys “friedliche” Fans sollte einen in mehrerlei Hinsicht stutzig machen. Die Burnely SS (”Suicide Squad” - im besten Fall) suggeriert auch dem völlig unbeleckten, arroganten und uninteressierten Schreiberling, hier handelt es sich nicht nur um friedliche Fans (die sich eher nicht in Coseform ”SS” nennen, wenn sie gemeinsam ins Stadion gehen), sondern besser als Bild informierte HSV und 96 Hooligans wollten offensichtlich nicht zum Plausch eine englandweit bekannte Schlägertruppe treffen. Ob die nun da waren und wenn nicht, warum der 96 Angriff erfolgte und was das alles mit Ultras zu tun hat, weiß nur der schreibende Märchenonkel. ich weiß es nicht, das gebe ich zu. Aber das Konglomerat der Unkenntnis nimmt man als Beleg, dass eine Demo von HSV-Ultras in Osnabrück für “Pyro-Ärger” sorgt. Ein Modeblog von mir zur Mailänder Show wäre sicher genauso qualifiziert zu Size Zero oder zum Magerwahn.

Bild tut genau das, über eigene völlige Uninformiertheit in der konkreten Sache hinwegzutäuschen und “die Stimme des Volkes” zu geben. Sie schreiben - wie immer - irgendeinen in sich unlogischen Mist zusammen. Auch hier behaupte ich, hat Bild total in der Sache unrecht. Die fiktive “Stimme des Volkes”, also der statistischen Mehrheit der Fans des Sportes Fußball, findet den Neymartransfer absurd, mag an Dortmund ebenso den AG-Status nicht, wie den windigen Sponsor Gazprom, lehnt Red Bull Vereine ab, findet Pay-TV um 11.00 doof und und und. Die Liste wäre hier wirklich lang und ergiebig. Und das wäre auch so, gäbe es keine Ultras. Dass die Ultras diese Meinungen bündeln, thematisieren und fokussieren, macht sie angreifbar, weil sie das mit Dingen garnieren, die man locker kritisieren kann. Das macht Bild dann auch. Das bekannt schmierige Vorgehen seiner Journalisten verbindet dann Bild mit dem “supergefährlichen Pyro” (Nachweise über Tote fehlen da ebenso wie der Greenpeacelink zu den supernetten Burnleyfans der Burnley SS), mit Bannern, die nicht okay sein sollen oder sind sowie eben mit dem zugegebenermaßen schwarzmartialischen Auftreten der Ultras.

Das Feindbild der Zeitung neben ISIS, RAF und Bushido ist fertig. “Die Ultras” kommen dabei nie zu Wort und haben als homogener Block eine Email geschrieben, die dann zitiert wird. Das ist so glaubhaft, als behaupte man, dass man mir für diesen Artikel den Pulitzerpreis geben wolle, aber es sei mir nur geheim per Email zugespielt worden. Ja nee, ist klar.

Die Pyrostrafen sind als Vertragsstrafen teuer für den jeweiligen Verein (das kann man selbstredend kritisieren), das wird als Beleg angeführt, dass diese Fans sich als “selbstgewählte Elite der Fans” fühlen und dem Verein nur schaden. Stimmung, Choreos und Organisation einer Subkultur wird nicht angesprochen, nicht mal kritisch. Die interne Diskussion in Bochum zur Ausgliederung der ersten Mannschaft als eine KG auf Aktien wird von den Leuten beider Seiten sehr sachlich, friedlich und zielorientiert geführt. Das ist eigentlich, egal wie man da denkt, ein Musterbeispiel wie Demokratie funktioniert, auch und eben mit Ultrabeteiligung. Da interessiert sich BILD null dafür, auch weil u.a. ihr Fachredakteur Joachim Droll in Bochum auch ohne Verbeek unerwünscht ist und weil man sich wirklich in eine Materie einarbeiten müsste. Da ist offensichtlich zu schwierig in der Schwarz-Weiß Welt eines Boulevards, das ausspielen will und möchte.

Der Brief der Ultras ist so klein gedruckt, dass man ihn nicht lesen kann, dafür ist das Bild von Vermummten 50 % der Seite 3. Getreu dem Motto, was Draxler sagt - und vermutlich auch noch demnächst auch Wagner  - ist so inhaltsleer, dass es nicht mal für das alte Feindbild der Achtundsechziger, Springer taugt.

Nein, das überraschende ist, dass man damit Geld verdienen kann. Dagegen ist Neymar unterbezahlt.

Und am Ende, zum xten Mal vertun diese Gazetten die Chance, sich ernsthaft, seriös und fachkompetent zu zeigen, nicht manipulativ, oberflächlich, uninformiert….

Eine verlorene Chance…

Tom;CB’93

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