Wofür
man lebt
Es gibt ja für einen
altgedienten VfL'ler meist nicht soviele Fussballtage, an
denen er so richtig glücklich ist, was im Fußball passiert.
Nick Hornby, der geniale Autor aus London ("About a boy"
ist der neue Film zu einem seiner Romane!) hat das in "Fever
Pitch" mit seinem persönlichen Frauenleben verknüpft.
Nun, dann würde es den meisten VfL-Fans im Laufe der letzten
25-30 Jahre ziemlich mager gegangen sein.
Samstag und der davor
wären allerdings für den echten VfL'ler schon fast wie
ein Kuß und intensives Drücken von J. LO vorgekommen. Da gibbet noch
andere geniale kurze Glücksmomente für uns Fans wie das 6-0
in Schalke 1980, das 6-1 gegen Dortmund 1986 mit Frank Schulz
oder das 6-0 gegen Pauli und den damit verbundenen Einzug in
den UEFA-Cup sowie das Spiel in Trabzon, Brügge und
Amsterdam, das Finale 1988 und viele weitere kleine Highlights. Es gibt viele Flirts mit der schönen Frau Erfolg,
genau genommen hatte man den/die ja nie (OK, die vier
Wiederaufstiege waren z.T. sehr cool, aber halt nur relativ
erfolgreich) und auch diesmal ist es ja auch nur etwas mehr
als ein One-night-stand an einem wunderbaren Sommertag.
Vielleicht eine Affäre für den Sommer 2002 oder auch nur
zwei Wochen cooler Sex. Eine lange Ehe oder eine längere
Beziehung wird daraus nicht, aber
insgeheim träumt mancher vielleicht, die schöne Frau Erfolg
schon in Leverkusen wieder küssen zu dürfen; und dann gegen
den verhassten deutschen Meister Schwatzgelb am 10. September
mal richtig auf die Kacke zu hauen und so zu tun, als wär' man
ein richtig fett erfolgreicher Playboy mit den Ergebnissen, die
grosse Clubs so normalerweise haben, wohl wissend, dass es nie
so sein wird, nie wird man ein Borusse oder Schalker werden
und viele schöne Frauen namens Erfolg haben und seine Fahne
in den Wind des Opportunen hängen. "Seht ihr, wie gut
wir wieder am Wochenende gespielt haben...", wird für
den treuen Bochumer nun nicht zur Regel werden - es bleibt der
kurze Glücksmoment.
Aber so Erster sein, die
Freunde aus dem fernen München jubeln hören, das ist schon
was Feines, das gefällt auch dem entwöhnten, aber trotzdem
stets kritischen VfL'ler und auch wenn er weiß, dass er diese
Braut nicht behalten darf, wird es ihm schwerfallen sich zu
trennen, wenn es soweit ist.
Es fragt sich manch einer,
was ein 1-3 in Nürnberg und ein 5-0 gegen Cottbus bedeuten,
wie man das realistisch einordnet, okay, in beiden Spielen
hätte man je acht Tore machen können und man dominierte
scheinbar von der Papierform (Kicker) gleichstarke Teams nach
Belieben, führte sie vor und bombte sich dabei eindrucksvoll
nach oben, dass einige VfL'ler schon potiemkinsche Dörfer
vermuten. "War das echt?"
Schwarzmalen ist eine
Eigenart von uns Bochumern, die einem manchmal hilft, das
Schlechte am Fandasein in einem etherischen Filter von
Sarkasmus zu verarbeiten, doch es sollte einem nicht die
spontane Freude an der ersten Tabellenführung seit 28 Jahren
verderben. Schon zur Halbzeit in Franken malten einige wider
schwarz...
Hut ab, Jungs um Pedda dem
Grossen, ihr wart schlicht genial, besser geht es eigentlich
nicht. Die Offensivabteilung ist um Torschützenkönig Gerd
Müller, äh sorry, Thomas Christiansen, Nummer Eins in der
Bundesliga, sie hätte nur noch mehr treffen müssen. Freier
ist im Adlerkader gegen Bulgarien, wo Woschi schon war, Kalla
die Kante aus Kamerun sorgt ebenso wie Toddi, Sören und Tappi
für internationalen Flair. Die Art und Weise der Siege sorgte
für Rauschen im bundesweiten Blätterwald, die DWS der neue (top) Trikotpartner ist zufrieden, das Jugendzentrum an der
Hiltroperstrasse wird aktuell gebaut, die Zukunft erscheint
nicht mehr düster, sondern blau-weiß, es droht ein volles
Ruhrstadion mit euphorischer Stimmung.
Das ist für manchen Fan
schon etwas zuviel, das kann er gar nicht verarbeiten. Mancher
war etwas skeptisch am Samstag in das wunderschöne
Ruhrstadion zu den 23.000 gekommen, um dann einen dieser
Momente zu erleben, die das Fandasein so wunderschön machen.
Kein 1-1 oder knappes 1-0, nein, Neurures von Spielfreude
funkelnde Truppe, zerlegten den Gegner um Härtechoach Geyer
in ihre osteuropäischen Einzelteile. Ein Tor brillanter als
das andere, das dritte Tor war einfach Weltklasse. Tor des
Monats haben ja auch nur Balte und Juran gepackt, Thomas packt
das auch noch.
Piplica wurde für seinen
peinlichen Zick-Zack-Auftritt die Pille fünfmal ins Tor
gelegt. Gut so, genau wie das Zumduschenschicken von Akrapovic.
Die Viererkette um Fahne und Meichel wurde garnicht echt
geprüft und so mußte der arme Thomas Reis ohne schlecht
gespielt zu haben in Nürnberg diesmal komplett auf einen
Einsatz verzichten, er und der für Tapalovic gekommene Sesi
(und Bemben) haben sich als einzige Bochumer den Auftakt wohl anders
vorgestellt, aber "never change a winning team" mag
keine Maxime von Peter N. sein, aber in Vizekusen
wird er, falls sich keiner verletzt, kaum mit einer anderen
Mannschaft auflaufen, als er dies in den ersten beiden
grossartigen Spielen tat. Die Mannschaft ist so auch für die
Blockbuster dieser Liga wie Hertha, HSV und Bayern in dieser
bestechenden Frühform kein Kanonenfutter und für die schöne
Frau Erfolg keine leichte Beute. Klar, da lauern weibliche Raptoren, die
den naiven VfL gerne verspeisen würden, aber die schlauen
Säugetiere werden und können eine Zeit OBEN überleben. Und wenn
LEV und DO verloren gehen sollten, haben wir jetzt schon Sechs
Punkte gegen unten (gegen Gladbach, COT, Nürnberg, 96!).
Und diese kurzen Momente
wie im Frankenstadion oder die ungläubigen Blicke vieler
freudetrunkenen VfL-Fans im Ruhrstadion, das sind die Momente für
die ein echter Fan, wenn er ehrlich zu sich selbst ist, lebt, auch wenn es manchmal ein Leben in
der Wüste ist. Aber auch die blüht manchmal sehr schön...
Tom,
vom z.T. Block P-Links
und Block A (offiziellen) COMMANDO
Bochum '93
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