2002 - Ein geiles Fußball-Jahr

Das Jahr geht mal wieder zu Ende, das 1:1 gegen 1860 München war der letzte Auftritt unserer Blau-Weißen, die die Winterpause auf einem im Vorfeld der Saison sicher nicht erwarteten 8.Platz verbringen. Zeit, zurückzublicken und eine Vorausschau auf das neue Jahr zu wagen.

Februar 2002. Der Zweitligist VfL Bochum geht in Oberhausen mit 1:6 unter. Die Aussichten grau, die wahrscheinlichste Option war Mittelmaß in der 2.Liga, Perspektive keine. Doch irgendwie rafften sich die Bochumer noch mal auf, in einem beeindruckenden Siegszug erhielt sich der VfL bis zum letzten Spieltag die Aufstiegschance. Das Spiel in Aachen kann von seiner Bedeutung und Dramatik in die Reihe der nicht allzu zahlreichen Sternstunden der Bochumer Vereingeschichte eingeordnet werden. 10000 mitgereiste feierten den 3:1-Sieg in Aachen, der in Verbindung mit einem Heimsieg von Union Berlin gegen Mainz den vierten direkten Wiederaufstieg bedeutete. Gefeiert wurde im Sonderzug und in der Bochumer Innenstadt, die feucht-fröhliche Aufstiegsparty im 3/60 wird vielen VfLern noch in bester Erinnerung sein. Der vierte Wiederaufstieg ist in der Rückschau sicher der schönste, weil er am unerwartetesten kam... zwischen den Bochumer Befindlichkeiten in Oberhausen und Aachen lagen Welten.

In der Sommerpause stand die WM in Japan und Südkorea auf dem Programm. Der ruhmreichen deutschen Nationalelf wurden eigentlich von niemandem Chancen eingeräumt, wenn man nicht vom Vorrunden-Aus unkte, wurde man schon als unverbesserlicher Optimist angesehen. Nach einem 6:2-Testspielsieg gegen den Fußball-Zwerg Österreich starteten Rudis Jungs nach Asien, einige Commandanten flogen nach Mallorca, um dort die Spiele der WM eine Woche intensiv verfolgen zu können. Und die WM entwickelte sich zum wohl merkwürdigsten Turnier der Fußball-Geschichte... Favoriten-Stürze en masse, Frankreich, Argentinien, Spanien, Italien, England, alle schieden mehr oder minder früh aus dem Turnier aus. Die Deutschen bissen sich endlich mal wieder in gewohnter Manier durch die Runden. Ganz im Stil der 80er überzeugten die Adlerträger mit taktischer Disziplin, mannschaftlicher Geschlossenheit und körperlicher Robustheit. Dann wurde der Gastgeber rausgeworfen und man stand mal wieder im Finale. Brasilien erwies sich leider als zu harter Brocken, jedoch spielte die deutsche Mannschaft ein herausragendes Finale... und wenn der Pfostenschuss von Neuville das 1:0 gewesen wäre... na egal, wir verloren mit 0:2. Nach der EM-Katastrophe 2000 ist jedoch die Ehre der deutschen Fußball-Nation wiederhergestellt.

Nach einer kurzen Sommerpause warf die Bundesliga-Saison ihre Schatten voraus. Die Erwartungshaltung im vierfach abstiegsgeplagten Bochumer Lager war ziemlich zurückhaltend... zu viele Fragezeichen gab es bezüglich der Leistungsfähigkeit der Bochumer Last-Minute-Aufsteiger... kriegen wir endlich die Abwehr dicht? Trifft Christiansen auch in Liga 1? Packt Wosz es noch mal? Ist das Gerede von Peter Neururer (9.Platz....) totaler Schwachsinn? Das Abwehr-Problem sollte ein für Bochumer Verhältnisse spektakulärer Transfer lösen, von Extremadura wurde der kameruner Abwehrmann Raymond Kalla geholt, der aufgrund seiner Statur schon eine beeindruckende Gestalt ist... der Kicker benotete Kallas WM-Auftritt gegen Deutschland mit der Note 5... also war auch hier die Devise: Abwarten. Für das Mittelfeld kehrten noch die Ex-VfLer Gudjonson und Tapalovic zurück. Es war klar, vor allem die Leistungsträger der Aufstiegs-Mannschaft mussten zünden, ansonsten geht es ratz-fatz wieder nach unten. Der VfL erwischte einen Traumstart und war für ein paar Spieltage erstmals in seiner gar nicht mal so kurzen BuLi-Geschichte Tabellenführer. Schönen Siegen, z.B. in Leverkusen und gegen Berlin, stehen auch einige Rückschläge gegenüber. So konnte leider keines der prestigeträchtigen Heimspiele gegen BVB und S04 gewonnen werden. Der Tiefpunkt wurde mit einer 0:3-Niederlage gegen Bielefeld erreicht. Auch wenn es in der zweiten Hälfte der Hinrunde nicht mehr ganz so rund lief, so beeindruckten die Bochumer mit einer tollen Moral und retteten oftmals im Schlussspurt noch ein Unentschieden. Momentan scheint die Mannschaft sich im Mittelfeld der Tabelle etabliert zu haben, 23 Punkte sind eine gute Ausgangsposition für die Rückrunde. Wenn die Mannschaft ausgeruht ist, einige Leistungsträger ihre Verletzungen auskuriert haben und der VfL seine Torchancen wieder konsequenter nutzt als zuletzt, dann kann es gut sein, dass der Klassenerhalt frühzeitig gesichert werden kann. Zu einem besonderen Bonbon könnte sich in diesem Jahr der DFB-Pokal entwickeln. Turnusmäßig sind wir zwar erst wieder im Jahr 2008 dran, aber ein Heimsieg gegen Lautern würde bereits das Halbfinale bedeuten... und dann sind wir wahrscheinlich noch einen Sieg von der zweiten UEFA-Cup-Teilnahme entfernt... die natürlich der Oberhammer wäre... träumen ist erlaubt! Und träumen wir doch mal einfach vom Finale gegen die Bayern...

 Was hat sich sonst noch getan im VfL- und Commando-Jahr 2002? Nun, der Commando-Standort im Stadion hat sich verändert, oder sagen wir, erweitert. Einige Commandanten haben ihren Standort nun im Block P-links und pendeln zu besonderen Spielen in den Block A. Ansonsten kann man sagen, dass das Commando sich in seinen Schwerpunkten auf den Fußball als solchen zurückbesonnen hat, und da soll in erster Linie der Spaß im Vordergrund stehen. So hat es sich ergeben, dass das Interesse für Vereinspolitik erheblich gesunken ist, was vor allem daran liegt, dass niemand mehr von uns den Eindruck hat, von Spielern oder Verantwortlichen für dumm verkauft zu werden. Es macht wieder Spaß, zum VfL zu stehen, die Ehre und der Stolz sind auch hier wiederhergestellt. Optisch gekrönt wird das neue, gute VfL-Feeling von der wirklich gelungen Nike-Kollektion, bei deren Anblick man die Sünden der Vergangenheit gern vergisst. Bei allem Positiven gab es auch noch einige negative Dinge. So hat die langjährige Wirtin des Dorfbrunnens die Brocken hingeschmissen (oder besser: hinschmeissen müssen), sodass es sein kann, dass wir uns eine neue Kneipe suchen müssen, denn dem Vernehmen nach soll bei den neuen Wirtsleuten kein "Fußball" mehr stattfinden... ich bin ja mal gespannt, wie sich das entwickelt. Schade auch die zahlreichen Stadionverbote (bis 2007!!!), die vor allem führende Köpfe der jüngeren Bochumer Ultra-Szene, allerdings wohl nicht unverschuldet, kassiert haben. Echt bedauerlich, ich habe aus der Distanz den Eindruck, dass den Ultras dadurch doch einiges an Organisationsgrad und Kreativität abhanden gekommen ist.

Tja, das war ein grober Abriss des Fußball-Jahres aus meiner Sicht, freuen wir uns auf 2003, das übrigens das 10-Jahres-Jubiläums-Jahr unseres Haufens ist. Träumen wir vom Pokal-Finale und von erfolgreichen Auswärts-Auftritten bei unseren "Freunden" aus GE, DO und BI... und wenn es denn so kommen sollte, dass wir doch noch in den Abstiegskampf rutschen, so habe ich nach diesem guten Jahr den Eindruck, dass Fußball-Bochum wieder soweit ist, diesen erfolgreich bestehen zu können.

 Olli K., Commando Bochum

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