A tribute to Widolov

Auch im Abstand von über einer Woche muten die Ereignisse um den 5.5.2002 gigantisch an. 9.000 Bochumer fuhren an einem regnerischen Sonntag nach Aachen um dort, wie zwei Jahre zuvor den Aufstieg in die Bundesliga zu feiern. Dass das tatsächlich klappt, obwohl viele es vordergründig optimistisch formulierten, daran glaubten die Wenigsten wirklich im Innersten. Es wäre auch nicht wahr geworden, hätte Jürgen Klopp und seine Mainzer nicht einige verhängnisvolle Fehler gemacht. 

Sie versuchten "die Sicheren und Souveränen" zu miemen und versagten bei drei Matchbällen (MSV, Fürth, Union) an ihren eigenen Nerven, Leverkusen läßt grüssen. Dann sagte der Zweitliga "Harry Potter" noch was im Überschwang seines Ballzauberteams was über den Malocherclub aus Berlin ("Kloppertruppe") und dachte, na ja, die Ossis ruhen sich schon aus, wenn's um nix mehr geht. Pustekuchen, die Eisernen aus Köpenick machten ihrem Namen alle Ehre und kämpften um jeden Grashalm in der Wuhlheide gegen vermeintlich arrogante Wessis aus Mainz. Die konnten ihre 100%tigen nicht nutzen und so erbarmte sich der Fussballgott einmal des VfL und lies einen gewissen Vidolov einen Sonntagsschuß abrotzen, der für immer in den Herzen der VfL Fans einen Platz haben wird. Unfassbar. Genial.

Zunächst fing es in Aachen garnicht gut an. Die kleinen Schwarz-Gelben machten 20 Minuten Druck, dass den vielen hoffnungsfrohen VfL'lern das Herz ganz tief in die Hose rutschte und Sesi durfte nach dem Versuch einen Christiansenfehler auszubügeln gleich in die Kabine gehen. Da stand es schon 1-0 für SCHEISS Arminia B. durch Wichniarek und in Berlin noch 0-0. Bochum bekam dann einen schmeichelhaften Elfer, den unser Bester (neben Rein), der Thomas C., zum 1-0 verwandelte. Die Blau-Weissen tobten, jubelten und qualmten. Jetzt fehlte nur noch das 1-0 für Union! Und während die Mainzer erste Grosschancen versiebten, fakten Bochumer Spassvögel ein scheinbares 2-0 für UNION. Grenzenloser Jubel in Grenzland. Blau-Weisser Jubelorkan. Aber einige riefen zu Hause an, falls das Handy durchkam ("Netz zurzeit belegt!"), hörten sie, dass es Unentschieden stand in Berlin. Megakacke. Warum der Typ hinter mir trotz Radio das nicht mitbekommen hatte, keine Ahnung? Und Bochums kommender A-Nationalspieler Paul Freier (20 Minuten gegen Kuwait!) machte das 2-0 und alle waren happy, zumindest die Bochumer unter den 17.000 Zuschauern. Alles telefonierte, die Ernüchterung macht sich zur Halbzeit breit. Die Gerüchte waren so glitschig wie der Rasen auf dem sich die beiden Mannschaften mühten. 

Aachen machte weiter Druck und wollte ebenfalls wie Union und auch Ahlen (na ja) nicht den Wettbewerb verzerren. Bielefeld war durch, auch wenn Feinbier noch das 1-2 für Ahlen makierte. Bochum mußte am Ende Bielefeld nur wegen des schlechteren Torverhältnisses den Vortritt lassen, wegen so Spielen wie Karlsruhe oder Oberhausen. Aber Union erzielte per unberechtigtem Elfer das 1-0 und die lustigen Karnevalsjecken aus Määääänz antworteten mit wütenden Angriffen. Ihre Aachener "Karnevalsfreunde" machten dann den Anschlusstreffer, den sie sich redlich verdient hatten. Bochum wurde passiver und defensiver, Neururer nahm nach und nach alle Stürmer vom Feld, brachte auch keine Neuen (hasch und Peter bleiben 90 Minuten draussen). Alle hingen am Radio. Die Treuen, die neben uns standen (www.dietreuen1983.de), wussten genauso wenig wie wir, welches Ergebnis denn nun stimmte. Das 1-1 der Mainzer kam also auch erst mit Verspätung zum Tivoli. 

Zwischenzeitlich mussten Peter Neururer und Heinz Knüwe höchselbst den Rauchorgien der ULTRAS (www.curva-est.de) in der Fankurve 1 einhalt gebieten. Der Schiri drohte mit Spielabbruch. Es gab widerstreitende Gesänge zwischen den Fanlagern. Die einzigen Misstöne eines sonst perfekten Gemeinschaftsgefühles von 9.000 Fans aus der UNISTADT. Als dann das Unentschieden in der alten Försterei Bestand zu haben schien, half auch der Blick auf die schöne Polizistin (O.D. hat das Photos [und die Nummer?]) nicht mehr. Angst, Flehen, Schweigen und Hilflosigkeit von hartgesottenen Fans. Aber Gott ist halt kein Mainzer. 

Der ewig gedisste Malocherclub aus dem Osten von Berlin, die Schlosserjungs, die Feinde vom BFC, die Freunde von Hertha zu Mauerzeiten, servierten dem Club aus dem tiefen Westen ein unglaublich wertvolles Geschenk, das ein anschwellender Jubel der Stehränge zu verkünden schien. Doch wieder wußte keiner was Genaues. Es war ein 25 Meter Schuss in das Herz von Mainzelmännchen, die 33 Spieltage oben waren und Bochum nur einmal. 5 Minuten vor Schluß, um 16.41 war Bochum mal wieder oben. Mainz zum zweiten Mal gescheitert wie damals gegen Wolfsburg. noch 5 Minuten. Sie quälten sich. Erwachsene Männer waren den Tränen nah!  Slavo Freier hatte das Wegrutschen eines Alemannen zum 3-1 genutzt. Party auf den Rängen, wann ist Feierabend? Der Union-Keeper musste noch eben mit seiner Stirn einen 05er Schuß abwehren und 3000 Mainzer in Agonie stürzen. Dann kam Harun Isa, er hatte zwar nicht Schalkes Pokalsieg letztes Jahr verhindern können, aber er brach Klopps Truppe das Genick. Aus, Ende, Bochum war oben.

Hunderte Blau-Weiss strümten auf den Glitschrasen, rutschten aus, purzelten, pogten, sangen, jubelten und die Spieler mußten flüchten vor feiernden Massen. Es gab eine kleine Fegerei am Aachenzaun - überflüssig. Alle tanzten auf dem Tivolirasen ausgelassen die vierte Aufstiegsparty.

Es gibt keine Worte das zu beschreiben. Nennen wir es ein Geschenk des Fusssballgottes plus harte Rückrundenmaloche und Fairness von Union.

Danke, einfach Danke.

Die Jubelfeiern, in Zügen, in Bussen, in PKWs, in der Stadt, im Bermudadreieck, all das war Belohnung für eine halbverkorkste Saison und einen chancenlosen Abstieg. Egal, man ist als Bochumer wieder stolz auf seine Mannschaft und den Verein, im Schatten der erfolgreichen, drohenden Gigantennachbarn. Man hat seine Fussballehre wieder.

Die Feiern (Die Mannschaft feierte im "Forsthaus Fuchs"!) dauerten bis in den frühen Montagmorgen, es war zu schön um wahr zu sein.

Dann war am Dienstag um 16.00 (!) ein etwas ungeschickter Aufstiegsempfang (Donnerstag wäre besser gekommen, Gegenveranstaltung zu den Majas), den immerhin 5.000 freudig begleiteten und für den Verein liegt viel angenehme Arbeit voraus, diese Truppe zu einer echten Erstligamannschaft zu machen. Das wollen alle in Bochum (ausser die Drittligisten aus Bochum 6).

Hoffen wir erneut auf den Fussballgott, decken uns mit Dauerkarten ein, warten auf die WM, Dortmund, Bayern und Schalke und andere nette Dinge des Sommers 2002.

"Unsere Heimat, unsere Liebe, in den Farben Blau und Weiss, 1848, nur damit es jeder weiß!"

...nicht genug Punkte!!!

Tom, COMMANDO'93

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