Totalboykott - widerwillig
Die “harten” Fakten vorweg: Ich werde auch beim 4. Pflichtspiel in der zweiten Liga gegen Red Bull Leipzig nicht live im Stadion sein, d.h. ich werde wieder kein Groundpoint im umgebauten Leipziger Zentralstadion machen. Kismet. Das ist einerseits schade um das WM Stadion 2006 - wie der fehlende Besuch der netten, aufgeschlossenen Stadt Leipzig - aber um den Gegner Red Bull Leipzig, es soll sich um einen Fußballverein handeln, ist es definitiv nicht schade. Ich mache also irgendwie den Boykott der Ultras mit (und des Neussers!)
Okay, ich muss ehrlich sein, ALLE vier Commandanten sind abgesprungen seit gestern, alleine dahin fahren für eine theoretische Restchance? Alleine 100 Euro verbraten, um dieses Geldprodukt zu bewundern und noch Eintritt für diese Kunstkulisse zu zahlen: dann sehen, wie die vermutlich ihren 7. Heimsieg in Serie einfahren ? Eher nein..
Es gibt jetzt sogar im biederen Kicker ‘ne Serie um die Kommerzproblematik im modernen Fußball, die Heimländerspielegegen England und Italien zeigten, wohin verwöhntes Klatschpappenpublikum führen kann: Zu einer traurigen Kinovorstellung mit gescheiterten Lolawellen und Stille, wo die hochbezahlten Hauptdarsteller wie in der Schule Probleme haben, ihre Hausaufgaben mündlich (hier: gesungen, die Hymne) vorzutragen und auch nicht immer die richtige Einstellung haben, wie beim 2-3 gegen England in Berlin geschehen.
Diese debile Trägkeit der ebenso gepolten Zuschauer, gepaart mit Kaufzwang der immer sinnfreieren Produkte, und die hohe Erwartungshaltung des zahlenden Konsumenten (”Ich habe 45 Euro bezahlt, ich kann was fordern!”), der sich als 101%-Eventie begreift, kann man in Leipzig hochgesteigert, multipliziert und quadriert finden.
Ausgehungert von gutem Profifußball und voller sperriger, echter Tradition der gewaltaffinen und eher rechtslastigen Ex-DDR-Oberliga dürstet es dem “normalen” Sachsen nach der heutigen, glitzernden Bling-Bling-Bundesliga. Das gibt es dann Spiele gegen Wolfburg, Leverkusen, Hoffenheim und Ingolstadt - Chapeau. Es wird wohl wahr werden: Wieder ist ein Österreicher Hoffnungssträger (…ach gut, das ist billige Polemik gegen einen überteuren Kader), diesmal auf Spitzensport in der Bundesliga. Aber anders als in Dresden, Aue und Magdeburg, sind die Roten Bullen nur die traditionsfanmäßige Nummer Drei in der Stadt hinter den Chemikern und der Lokomotive. Okay, die gehen den Weg der totalen, sportlichen Bedeutungslosigkeit verbunden mit krassen Ausschreitungen und politisch fragwürdigen Freunden. Auch genau das macht den neuen Verein RBL als Gegenentwurf in Cottbus, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt Oder oder Halle nicht beliebter bei den Hardcore’lern, den Gegenpart zu geben zur “guten” (oder schlechten?) Tradition des Ostfußballs.
Doch die anderen, die “normalen” Zuschauer strömen wie nach Disneyland und bestaunen das Produkt wie Mädchen die Eisprinzessin - dieses Werk des neureichen Österreichers mit dem teildepressiven Schwaben Rangnick: Was für eine Combo….ein Traum….sollte man dran denken, wenn man beim Sex zu früh zu kommen droht. (okay, auch das war billig!)
Zurück zu den Fakten: Red Bull Leipzig hat einen Sahnekader, der sicherlich stärker ist als Mannschaften wie Darmstadt oder auch Freiburg und Nürnberg. Aber egal ob Selke, Poulsen, Sabitzer, Kaiser, Kheidira, Orban, Compper, Klostermann und und und…., sie alle sind einzeln top Spieler und höchstbezahlt - doch das Preisleistungsverhältnis ist bei den Sachsengeldscheißern wie in der englischen Premiere League - immer mehr Geld, für immer wenig Sinn. Wen interessiert da das 4-2-3-1 der Sachsen oder der anschauliche Fußball? Naja, 29.000 Konsumenten vermutlich….
Das neue Nachwuchsleistungszentrum am Fluß scheint ein wenig ein Alibi zu sein, wenn man nächstens angeblich 200 Millionen Euro in die neue “Mannschaft” pulvern will. Dann wird hinter Bayern und dem BVB die dritte Macht in Leipzig entstehen, ob man es nun mag oder nicht. Das alles wird so kommen, aber mögen muss man es nicht. Ob man es mit Boykotten aufhält, ist ebenso fragwürdig wie TITIPP.
Der VfL Bochum hat mit alle dem dann sehr wenig zu tun. Wie Villis auch feststellte, spielt der VfL eine ansehnliche 6. Zweitligasaison, ist 5. und seit 11 Spielen unbesiegt. Leipzig hat bei den direkten Konkurrenten Pauli, Freiburg und Nürnberg verloren (unter unglücklichen Bedingungen) und kann nun die letzte Chance des VfL am Sa terminieren. Dafür spricht leider die Heim- und Spielstärke der Roten Bullen sowie der unumstößliche Fakt, dass auch sie nun dringend wieder siegen müssen.
Und Bochum will zeigen, dass man noch Dritter werden könnten und Terodde will sich sicher die Torjägerkanone auf den Schrank stellen. Es fehlen am Sonnabend leider Perthel, Hoogland und weniger leider Mlapa….das macht die Chancen von Trainer Verbeek auf einen Auswärtssieg nicht besser. Was spricht für uns? Wenn nicht das große Geld, die Millionäre im Team oder der prall gefüllte Gästeblock?
Unsere Serie, dazu dass die Erwartungshaltung nicht so stark ist und die Chance als Underdog dem verhassten Gegner eins auszuwischen, wo wir bei der Frage sind, ob die Spieler das auch so emotionalisieren wie ich?
Ich meine RBL wird aufsteigen, aber ich würde da aus Prinzip mal gerne um 15.15 Uhr als Sieger feststehen, so wie die Sandhäuser da ‘ne kleine Polonaise machen.
Also, ich hab ‘nen Auto, ruft mich an, wenn ihr von Köln aus ab 7.00 Uhr nach Leipzisch fahren wollt: Denn genauso konsumorientiert, passiv und egoistisch ist mein heutiger Ansatz und das ist genau das, was RBL verdient.
Aufstellung aus Tradition von VfL4u:
Hinspiel: VfL -RBL 0:1 (18.10.15; Sabitzer)
Voraussichtliche Aufstellungen:
RBL: Coltorti - Halstenberg (Jung), Compper, Orban, Klostermann - Forsberg, Demme, Sabitzer, Ilsanker (R. Khedira), Kaiser - Poulsen
VfL: Riemann - Maria (Novikovas), Bastians, Fabian, Celozzi - Terrazzino, Losilla, Haberer, Eisfeld, Bulut - Terodde
Tom, CB’93
P.S.: Tip 3-1, keinen Gruß an den Verein und die Fans von RBL ! Herr Rangnick kriegt auch keinen Gruß!