Von Barock bis Fado

Ich höre ja manchmal WDR 5, ich geb‘s ehrlich zu. Da ist die internationale Musik überschaubar rockig, kein Klaus Fiehe wie auf Einslive am Sonntagabend, dafür sind die Berichte in Leonardo ziemlich interessant vom Inhalt. Letztes Mal, so gegen 16.20 Uhr, war da ein Bericht über die Geschichte des portugiesischen Fado, „von Barock zum Fado“ hieß er, einem melancholischen Musikstil, den 2004 ich persönlich zum ersten Mal bei der EM in Portugal kennenlernte. Es wurden in Porto und Lissabon so Fado-CDs verkauft an mobilen Wagen. Da schoss die deutsche Elf mickrige zwei Tore und schied sang- und klanglos in der Vorrunde aus, Poldi stieg empor und Rudi Völler hatte ausgespielt. Der Fado ist ein echt deprimierend, trauriger Stil, aber Bochum holte in diesem Sommer einen Stürmer namens Lokvencz und sollte gegen Lüttich an Diabangs Blindheit und Edus berühmten Luftloch scheitern. Das scheint alles sehr, sehr weit weg, denn heute ist ein Wurtz ähnlich blind wie einst Diabang, verkaufen tun wir aber Diamantakos und Leader Bastians. Das ist 2018 und nicht 2004.
Wenn Bochum gegen Bielefeld das Montagsspiel der Zweiten Liga bestreiten, spielt der dann 14./15. gegen den 7., Bochum ist seit dem 0-2 gegen Duisburg nicht mehr Favorit, der Heimvorteil bröckelt, gute Stimmung und Vorfreude sehen sicher anders aus. Das zweite Westderby „Westfalen gegen Ostwestfalen“ war mal ein Schlager in den Neunzigern und ist auch immer noch gelebte Rivalität, darauf freut man sich eigentlich. Aber was gibt es am Montag? Der verunsicherte VfL gegen eine abgezockte Arminia und am Ende trifft Vogelsammer.
Gut, 2014 ging man mal beim Maiabendfest 1-4 bitter unter, aber sonst waren Spiele gegen „Kühe, Schweine, Bielefeld“ nicht nur mit „King“ Darek ein Highlight der Saison, auf der Alm oder an der Castroper. Aber die Neunziger sind halt 20 Jahre her und heute, also besser Montag, ist eher Schmalhans Küchenmeister. Auch die Fans strömen nicht mehr so zum VfL zur Zeit, aber die Zuschauerkrise ist sicher eine undifferenzierte Medienente.
Schlimmer noch als das schlechte - ständig das negative suchende - Medienbild : Als Duisburg ziemlich überraschend das 0-1 machte, kam postwendend anstatt Support ein „Hochstätter raus“.
Tja, ein ziemlich unpassender Moment für berechtigte Kritik, aber so ist das mit aufgestauter Wut, sie entlädt sich irgendwann. Villis mahnte im Interview Support für das junge VfL-Team an (23,7 Jahre), womit er prinzipiell recht hat. Aber das Team ist seit zwei Jahren keine Mannschaft mehr, es ist auch dieses Jahr keine geworden. Nach einem hartem Hund, kam ein ambitionierter Newcomer ohne Unterstützung und echte Chance und dann kam ein Typ „Jugend-Zweite-Mannschaft“-Trainer mit dem Charisma von Rudolf Scharping. Ob er nun die Wende bringt und das Team mitreißt?
Das Ganze zu Verantworten hat sicherlich Sportchef Hochstätter, der Neururer einst wegen „vereinsschädigendem Verhalten“ entließ, mit Hamburg geheim verhandelte, fünf Trainer chasste und drei Aufsichtsräte vergraulte und eben auch eine schlimme sportliche Talfahrt zu verantworten hat. Die Kritik an ihm ist daher logisch und folgerichtig. Und die Story mit dem Magnumeis, das der Holländer den eigenen hochtalentierten Sohn holen lies, übertrifft Butternudelgate und ist die Piemontkirsche auf dem charakterlich höchst flexiblen Verhalten des Augsburger-Gladbacher Ex-Profis.
Und nun haben die Leute, die Schnauze definitiv voll. Auch Jesus sprach die Leute aus der 8/18 und brüllte Hochstätter raus, zum Glück nur Gerrits VfL-Jesus. Und nun kommt Bielefeld mit Saibene und Klos, die brauchen sicher gar keinen göttlichen Beistand. Und die Ostwestfalen werden wie Duisburg selbstbewusst kommen, während unsere jungen Spieler mal wieder mit der Unterstützung hadern dürfen. Und die ist wirklich sehr fraglich zur Zeit. Die Ultras suchen immer noch einen Platz im Stadion, die vielen anderen in sich gespaltenen Fans zerfallen in Lethargie, Frust und Fatalismus. Wer freut sich echt auf Montag? Wer glaubt an einen klassischen Heimsieg, der möglich wäre, wenn man die ersten 35 Minuten zugrunde liegt, minus die Abschlussschäche, die wir ja eigentlich seit dem Teroddeabgang haben. Wer also glaubt noch an die sportliche Wende, die dann eben aus Rasiejewski, Hochstätter und Villis entlasten würde
Aber was kann man von Jeff Saibenes Team erwarten? Nun Klos, Vogelsammer, Nöthe, Brandy und Co sind genau wie Duisburg - mit weniger Geld, aber mehr Fortune und Esprit sowie Einigkeit gestartet. Während in Bochum zwei Petitionen rumlaufen, wird Bielefeld mal rasch entschuldet von Dr. Oettker, Schüco und Co. Während Bochum den Weg per 80%-Abstimmung frei macht für Investoren, schafft Bielefeld den Sinn für Investment – Erfolg auf Basis der Möglichkeiten. Statt Bundesligaskandal, Abstiegsrekorden und klammer Kohle ist die Arminia im Aufwind, während der VfL weiter abrutscht. Und dabei machen wir alle kein gutes Bild, von Hochstätter über Gerrit bis VfL-Jesus.
Aber alles Klagen, alles Lamentieren und Protestieren hilft nicht, um zu gewinnen und noch weiter rein zu rutschen. Keiner glaubt dran, Bochum siegt 1-0.
Daten aus der Mini-Vorschau von vfL4u:
Montag, 29.01.18, 20:30 Uhr, Vonovia-Ruhrstadion

Schiedsrichter: Robert Hartmann (Wangen, pfiff den VfL zuletzt beim 0:0 in Duisburg im Dezember 2015)
Assistenten: Christian Leicher (Landshut), Markus Schüller (Korschenbroich)
4. Offizieller: Oliver Lossius (Bonn)

Hinspiel: DSC - VfL 2:0 (21.08.17; Voglsammer, Kerschbaumer)

Voraussichtliche Aufstellungen:
VfL: Dornebusch - Leitsch, Losilla, Hoogland, Gyamerah - Eisfeld, Stöger, Celozzi, Ochs - Kruse, Wurtz
DSC: Ortega - Hartherz, Börner, Salger (Behrendt), Dick - Schütz, Kerschbaumer, Weihrauch, Staude (Putaro) - Voglsammer, Klos

Tom, CB’93

P.S.: Nachträglich Glückwunsch an den Neusser zum 51.

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