Unmilitärischer Heimsieg

Es war Pause vom schnöden Ligafußball am Wochenende in Europa, die deutsche Elf überzeugte nur eine Halbzeit in Dortmund beim 2-2 gegen Argentinien und siegte im Qualispiel 0-3 in Talin mit zwei Toren des Ex-Bochumers Gündogan. Der Deutsche mit türkischen Wurzeln in “Der Mannschaft”, der mit seinem Insta-Like zum “militärischen Gruß der türkischen Nationalmannschaft (in Albanien)” erneut von sich reden macht, zeigt, dass das Thema “wem gilt meine Loyalität” über die Fußballgrenzen in die Medien schwappt und viele Menschen bewegt (wir erinnern uns an Özil plus Gündogan). Ist es so, dass die etwas naive, emotional verklärte Heimatverbundenheit als Erklärung für die Befürwortung eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges einbringen kann und das später straflos “als Joke” verkaufen kann? Ist das nur ein Torjubelgag oder ist das schon nahe beim Wolfsgruß der türkischen Ultrarechten vor der Teestube in Bochum? Dann haben die Bulgaren den römischen Gruß gemacht, weil sie Caesar irgendwie knorke fanden? Irgendwann ist auch gut mit saudummen Ausreden, dafür braucht man keinen VAR, um diese politische Dummheit zu entlarven. Klar kann man seine Meinung kundtun, aber hier werden rechtliche und moralische Grenzen weit überschritten. Vielleicht hatte die Revolution Chemnitz auch nur ihren Opi lieb, daher der Gruß.

Ich hätte den Jungprofi Gündogan gerne länger in Bochum statt in Nürnberg und Dortmund (sowie Manchester) gesehen, aber das ist ein anderes Thema, das kann man auf Goretzka, Kramer und Klostermann genauso anwenden. Leider kann man zwar versuchen Fußball so unpolitisch wie möglich zu gestalten, wenn aber brutale Militäroffensiven (u.a. auch gegen 70.000 kurdische Kinder!) mehr oder weniger deutlich bejubelt werden von Followern oder an anderer Stelle farbige, englische Nationalspieler mit Hitlergruß und Affenlauten beleidigt werden, bleibt es schwer zu sagen, “es gehe nur um Sport” und ein paar Idioten von Vorgestern. Denn diese Artikulation ist verdammt aktuell und ist oft leider genauso gemeint, nämlich böse.

Es ist aber auch andererseits für mich fußballerisch schade, dass der große türkischstämmige Star wie einst Bastürk, Gündogan, Gününoglu und Co gar nicht mehr in Bochum spielen und Saglam oft gar nicht auf der Bank sitzt.

Sonntag 13.30 Uhr gegen den KSC brauchen die Fans des VfL, der Verein und die Spieler dringend einen unmilitärischen Heimsieg, den gab es seit Mai 2019 nicht mehr. Daran hat sich auch in der Pause nix geändert. Wer dagegen steht ist der formidable Aufsteiger KSC, wie der VfL seit vier Spielen ungeschlagen, Trainer Alois Schwarz wird wohl was dagegen haben, die drei Punkte in Bochum zu lassen, denn der 9. der Zweiten Liga will nicht so schnell mit dem 15. tauschen. Ich hoffe genau darauf.

Reis wiederum kann nach der Länderspielwoche wieder auf Lee, Weilandt und dem vom U-Länderspiel gestärkten Wintzheimer zurückgreifen, was ihm neue Optionen in der Offensive gibt. Besonders weil der Torjäger vom Dienst, Ganvoula vier gelbe Karten hat und egal wie man zu Blum, Zoller und Wintzheimer steht, “the silver gun” ist unersetzlich für den VfL-Sturm.

Thomas Reis Motto wird dennoch sein, erst recht nach dem 2-3 in Heidenheim, “never change a winning team” und da werden sich dann einige, neue Optionen anbieten, außer dem unglücklichen Ulrich Bapoh, der sich beim 1-4 in Krefeld am Kreuzband schwer verletzte, Leitsch und Fabian sowie eben der mit Fußprellung verletzt Saglam.

Dass der ehemaliger U-Nationalspieler Saglam auch sonst keine Rolle an der Castroper mehr spielt (wie Celozzi und einst Bastians), ist traurig, vor allem, wenn man sieht, dass Palvinidis in Holland durchstartet und - der bei uns der hektisch geholte Wintzheimer (ohne Option!)- keine echte Alternative für die Startelf von T. Reis dartstellt. Hier sind wir wieder beim Thema Sesi und Langzeitplanung sowie “wir beobachten den Markt”.

Feierte Bochums Fanszene mit den Ultras die Ultras im alten Bochumer Tarmcenter, so wollen die Fans Sonntag endlich wieder in der Ost einen Heimsieg feiern und den Aufwärtstrend unter dem neuen Trainerweiter nutzen. Denn mit einer besseren Einstellung, weniger Personalexperimenten und keinem Homeoffice des Bochumer Coaches, können die Spieler endlich das Potential abrufen, was sie haben oder was man glaubt, sie hätten es. Das müsste für den KSC bedeuten, dass man statt des statistischen Standards Remis mal einen 1-0 Heimsieg schaft wie 2013/2014.

Ich habe mit Fifa 20 ein 2-0 rausgespielt mit Toren von Blum und Ganvoula und denke, dass die VfL-Abwehr auch mal mit Riemann und den den vieren davor einen zu Null Sieg hinkriegt. Es wird - versprochen - ein ganz und gar unmilitärischer Heimsieg, niemand wird da weggebombt und Bochum hat die Chance, weiter nach oben zu klettern.

Da erwarte ich vom Mittelfeld zwei Dinge: erstens Robustheit, Lauf- und Zweikampfbereitschaft und eben nicht nur Brechstange nach vorne oder Langholz.

VfL: Riemann - Gamboa, Lorenz, Decarli, Soares — Janelt (Eisfeld), Losilla — Blum - Maier (Lee/Pantovic) - Zoller - Ganvoula (Wintzheimer)

KSC: Uphoff — Thiede - Gordon -Pisot -Rßbach — Fröde- Stiefler- Choi -Wanitzek - Lorenz — Hofmann

Tom;CB`93

P.S.: Gruss an Ivo, Bachmann, Hölter und Okko

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