Du Opfer!

Geht man durch die Strassen von Berlin, kann man sich fühlen wie Peter Fox - einem Hertha Fan - in seinem Album Stadtaffe. “Krass - diese Stadt und ihre wilden Leute”, so besingt der Songwriter es darin in Etwa. Man kann auch angepißt werden, an einem der busy places der dirty Town, gerade, aber nicht nur - wenn man aussieht wie ein “typisches Opfer”, klein, schüchtern, unsicher - dann kriegt man eben eher ein auf den Deckel, als wenn man 2 Meter groß ist und just aus dem Gym kommt und voller Tätoes, Narben und Piercings ist.

So erging es dem VfL Bochum seit Saisonbeginn, alle negativen Fakten wurden dem Verein vor die Füße geworfen, zu alte Spieler, die wenigsten Deutschen im Kader, die wenigsten Jungstars, keine Neuzugänge in der Startelf am 1. Spieltag und - nicht nur deshalb - aber auch,  die wenigsten Dauerkarten und Mitglieder in der Boombranche Bundesliga. Die Experten hatten sich eingeschossen, die Fans waren zurückhaltend unfanatisch bis skeptisch und kurz vor Beginn suchte sexy Günna noch den Streit mit den eigenen Anhängern. So macht man sich selbst zum Opfer.

Die Mannschaft des VfL zeigte sich im vieren Kollerjahr dann auch wie Fans, Medien und das Umfeld es insgeheim erwartet hatten - fußballerisch limitiert, taktisch unerkennbar, hinten schwach, in der Mitte einfallslos (nach vorne pölend)  und vorne zu wenig laufarbeit. Da konnte man beim Viertligisten wie letztes Jahr in Münster nicht dominieren und verschlief gegen Gladbach und Schalke drei Halbzeiten, bei 6 Gegentoren. So sehr hatte man die Basler-Prognose inhaliert, die Medien- und Fankritik eingesaugt, dass die Elf des VfL in Gelsenkirchen nur aus Heerwagen, Epalle und Sestak zu bestehen schien. Der Rest versagte brutal bis lustlos , der 18. Platz kann schon nach dem 5. Spieltag zementiert sein. Wenn man sich “nicht an den Zipfel packt….”

Dazu kam in diesem Moment die neue DoYouFootball-Trikotlinie in Magenta (Himbeer?) mit blauen Rückennummern und vorne - in gelb-rot - die Netto-Werbung passend zum Gesamtimage des Vereins VfL Bochum im Jahre 2009 - billig, ohne Pep, bunt, aber dabei schrill, wo es nicht sein darf. Der PR-Supergau wurde die Woche begleitet von einem Medienecho in TV (WDR), in WAZ, SZ, Kicker und Sportbild sowie “echter” BILD, das sich gewaschen hatte. Für die Unbeugsamen (was Trainerdemissionen angeht?) war die Woche ein Desaster, das Fans, Spieler und Vereinsspitze gleichermaßer überrollte - alle wurden zu Opfern.

Während u.a. auch beim Tabellenletzten Köln die medialen Geschütze in Stellung gebracht werden (”FC Disziplinlos”), in Hannover und KSC die Trainer gehen (mußten) und auch in München der Zeitungsdonner rollt, tut man in Bochum wieder einen auf Gesprächstherapeut machen und wird dann am Ende alles beim Alten lassen - nach knallharter folgenloser Analyse. Währenddessen verhandelt der Meier mit 2 Spielern (15 Mios wurden schon ausgegeben) und der VfL Bochum in Form seines Sportdirektors Ernst gebärdet sich wie ein Freier, der im Edelbordell einen Sozialtarif per Bücherreiausweis fordert und rausfliegt. 

Nun hat der sonntägliche Gegner Hertha BSC elf letzte Spiele nicht mehr verloren gegen uns, aber ist auch andererseits in der ewigen Statistik unser Lieblingsheimopfer. Ein Sieg gegen Berlin ist nicht nur wegen der Stimmung Pflicht, sondern weil viele Bochumer ahnen, dass es in Leverkusen und Hoffenheim, kaum was zu holen gibt für unser Team, was vor allem auswärts eine echte Opferhaltung kultiviert. Der Trainer hat jedenfalls keinen positiven Einfluß auf das Team und wirkte Sonntagabend ratlos, während Magath seinem Team Fitness-, Spielordnung und Ehrgeiz eingeimpft hatte.

Wenn Sonntag die beiden Schweizer Trainer im Ruhrstadion ihr Shake-Hands machen, hat Favre ohne Voronin, Pantelic, Simunic, Chahed und auch bald Kacar (wird von den CL-Schwaben umworben) es schwer, das Niveau der letzten Spielzeit zu erreichen, was uns bekanntlich weniger Probleme bereitet. Diesesmal wäre ein solche Hinrunde der Abstieg, keine Frage. Die Stimmung kann schon Sonntag kippen gegen die Berliner um Friederich, Drobny, Stein und Erbert, wenn Bochum noch mal so träumt wie gegen MG oder so ängstlich spielt wie gegen S04, dann wird der November bitterkalt an der Castroper.

Die Herthafrösche bringen traditionell wenig Fans mit, die Bochumer wurden die ganze Woche wegen der Trikots von Arbeitskollegen ausgelacht, das Ruhrstadion wird nicht ausverkauft sein am Sonntag um 15.30. Die Stuimmung wird abwartend sein und kann schnell kippen. Das weiß der Coach des nächsten Gegners und wird seine Mannschaft antreiben schnell zu führen, doch fehlt dem Europaleagueteilnehmer dazu heuer das kickende Personal. So sieht es nach dem typischen Heimunentschieden aus, ein 2-2 wäre denkbar. Dass Berlin wie letztes Jahr fast Meister wird, scheint ebenso undenkbar wie eine Siegesserie beim VfL, wobei wir sie bitter nötig hätten.

Dazu fehlt uns der Mut des Trainers und der Spieler, die Kraft, Taktik, Technik und Kondition und und und. Aber zumindest sind wird in Bochum der Typ Opfer, der gerne diskutiert - warum er denn wieder verprügelt wurde.

Freuen wir uns trotzdem auf unsere Siegchance, denn sie ist sogar nach der Woche durchaus da, ich hab “vom Feeliing her da ein gutes Gefühl”…

Tom, CB’93, blau-weißes Commando, Sekion Rheinland’04

  

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