Bildung bremst, lesen ist schwul.

Es gibt vornehme Leute, die trinken gerne mal einen guten, teuren Wein aus Frankreich und lieben orginal-elsäsischen Flammkuchen sowie Krustentiere. Dann gibt es welche, die mögen Plätzchenbacken mit der Freundin/Frau oder sind romantisch veranlagt auf dem Weihnachtsmarkt in Münster oder beim Skiurlaub im Wallis. Des Weiteren lesen manche Menschen gar gerne ein Buch von mehr als 1500 Seiten und rauchen bei besonderen Anlässen eine gute Zigarre aus dem Humidor und Kuba. Es soll auch Leute geben, die gerne zu Kunstaustellungen gehen, sich für Geschichte von Kirchen interessieren und im Sommer nur gutes, teures Fleisch grillen. Dazu gibt es Leute, die die Zeit abbonieren, das Feulliton der FAZ lesen und ein gutes Handicap im Golf haben oder eine mondäne Ferienwohnung auf Korsika. All das ist schön, privilligiert und gehört zu einem angenehmen Leben:

Für alle diese Leute ist die Fahrt der ca. 1000 Bochumer nach Hannover 96 am Samstag wohl eher ein skurilles Unterfangen, fußballerisch sinnlos und ziemlich sinnlos. Das ist nicht el Classico, the old firm, Inter-Juve, nicht mal Hamburg-Bremen oder Marseille-Paris SG, nicht Rangers-Celtic oder Bayern-Sechzig, nicht mal K-Town-Pauli. Es ist das Spiel  des 13. Hannover 96 gegen den 16. der BL, den VfL Bochum, der ewig grauen Maus gegen das langweilige Hannover,- zweier seit vielen Spielen fast torlosen Mannschaften im freien Fall nach unten und ohne Perspektive für die Saison ausser dem Klassenerhalt. Beim VfL Bochum wäre die erreichte Relegation gegen ein Zweitligisten wie Düsseldorf diese erneut schlimme Saison fast ein Erfolg.

Nichts für Ästheten, nichts für Liebhaber oder Qualitätsforderdfraufgänger, sondern eine zweifelhafte Anteilnahme am VfL Bochum 1848 plus der Kult ums Fansein und ein guter Jahresabschluss für den Fan Club. Nicht nur das 1-5 gegen die Bayern oder die verzweifelten Aussagen des Trainers (”Wir haben nach dem 0-5 gut dagegengehalten und sind nicht eingebrochen!”), sondern auch die vermutete Passivität des VfL-Vorstandes geben Anlass zur Sorge, sondern auch letztjährige Winterschnäppchen wie Klimo oder die davor im Sommer mit Hash und Freier. Es ist eine große Sorge, fast Hoffnungslosigkeit umkreist die Fans des VfL Bochum, Ecki prügelte den VfL in der WAZ zurecht jäh, selbst Pohl kritisiert neuerdings den Trainer.

Sah man beim Spiel gegen den FC Bayern mit Topzuschlag keine Leistung des eigenen Teams, so sah man zumidest noch Stars wie Gomez, Robben, Schweini und Timoschtschuk vom Gegner.

An der Leine wird man 96 Stars wie Schlaudraff, Forsell, Andreasen, Lala und Co nicht sehen, weil sie verletzt sind. Sie müssen bei Bergmann auf den Urlaub verzichten, ne gute Idee auch für unsere Sissis. D.h. Hannover wird mit dem Enke folgenden Keeper Fromlowitz antreten, dazu wird ein Ya Konan der Topscorer sein - gesperrt wie Klimo und Aza-  und andere 96-Sternchen wie Pinto, Balitsch und Cherundulo werden unserer Wackelpuddingelf bei Minusgraden das Leben in der AWD-Arena schwermachen, auch wenn Gerhard Schröder oder Oli Pocher nicht im Stadion sein sollten. Für Leute mit Geschmack wird das am Sonnabend nichts, auch nicht für Leute, die Erfolg oder guten Fußball lieben oder einfach auf den Platz gehen wollen. Es wird kalt, hart und ungemütlich. Das ist “ein Fest” des Kernes der Fans mit latenter Aggressivität.

Das ist auch ein Spiel für Süchtige in Sachen Fußballaway und Happening vor dem Christkind. Kurz vor dem Fest noch unbesinnliche Gedanken und Aktionen, dazu eine total besoffene Truppe im Block A-Bus, im Sonderzug oder Spakken, die alle drei Minuten Pinkeln müssen, wenn man in Auto die A2 runterjuckelt Richtung Maschsee. Nicht für jeden ein Spass, Hardcore eben, nur für Spinner.

Man regt sich auf auf der Fahrt dahin (und zurück) über Absahner wie Klimo, Dauerpatienten/Dauergesperrte wie Ono oder Aza, Nulpen wie Freier (seit Sa offiziell “verbrannt”) oder Hash oder überschätze Leute wie Dabro, Concha und Pferzel auf - oder wenn nix mehr geht, zieht man die notorische Maltrizkarte und faucht sein Gegenüber an. Gesichter verschwimmen, die Konturen werden unscharf, man sieht den Atem - und fühlt sich warm von innen - wie von zu viel Glühwein am Südtiroler.

Doch dann stehen urplötzlich 1000 versoffenen Bochumern im Block der Gäste und fühlt sich 20 Minuten stark, weit entrückt von der Wirlichkeit und besonders, bis ja bis das 1-0 durch Stajner fällt oder auch Djapka, Bruggink oder meintewegen Mike Hanke. Dann kommt das, was kommen muss.

Dieses 1-0 ist auswärts oft das Aus, nur gegen Lotte, Nürnberg und Hamburg fiel es nicht, das waren übrigens meine Pflichtspieltermine ohne Live-Event - das soll kein Omen sein - und Sa bin ich wieder da. Ob Herrlichs “gegen Hannover gilt es”, dann Bestand hat über 16.00 hinaus, wird man Samstag in Niedersachsen sehen. Unbeugsam ist höchstens Bochums Sturheit keine Perspektive erahnen zu lassen. Selbst bei Torlos-Köln hofft man im Pokal, wir haben nix zum Träumen.

Um 17.15 wird abgerechnet, das sollten die Herren Herrlich, Ernst, Schwenken und Altegoer auch tun, am besten in einer “knallharten Analyse”. Ob man noch jemals mit dem Kader den Säntis hochläuft, weiß ich nicht, Samstag drei Punkte in der niedersächischen Landeshauptstadt wären Gold wert, ein Punkt wäre ein gutes Beruhigungsmittel. Sonst droht Frust.

Zwei “verunsicherte” Teams werden sich gegenüberstehen vor 33.000 und man hat als Bochumer dort oft nicht gut ausgesehen beim H96.

Es sind wieder danach aus….aber weil die drei Topscorer fehlen, hoffe ich ähnlich wie beim Aufstiegs 3-3 (”Ooops, I did it again!”) auf ein Remis.

 

Tom,CB’93, Sektion Rheinland’04

 

  

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