Jaques Brel und die muscles in Bruxelles!

Belgien ist, seit 1980 dem verlorenen EM-Endspiel gegen Dietz, Hrubesch, Schuster, Kaltz und Co , ein Kleiner im Weltfußball geworden und steht im Benelux im Schatten von Vizewelmeister Niederlande und dem Titelgiganten Deutschland. Die Liga ist mit RSC Anderlecht, Brügge, Lüttich und Exoten wie Mouscrun, Mechelen oder FC Brüssel, oft leider nur Randnotiz wie die schottische Liga oder US-Fußball. Aber natürlich haben Auslandsprofis wie Lukaku, Dembele und Vermaelen sowie die Bundesligalegionäre wie Bailly, van Buyten sowie Simons das spielerische Nivean der Nationalelf nach einer langen Durststrecke wieder gehoben. Ob das rote Ensemble eine echte Mannschaft ist wie die Vizeeuropameister von 1980 bezweifelte ein Fan der roten Teufel mir gegenüber in der U-Bahn. Enzo Scifo, der Altstar neben Jean-Marie Pfaff, hoffte auf eine neue starke Manschaft in Brüssel. Mit der Türkei und Deutschland kämpft die Flamen-Wallonen-Kombitruppe um die ein- bis zwei Tickets zur EM 2012 in Polen und der Ukraine.

10.000 deutsche Fans reisten in die belgische Hauptstadt, teils mit PKW, Bussen, Fliegern oder wie ich mit dem Zug. Das geht von Köln in 1,5 h und an den Bahnhöfen Köln sowie Aachen checkten die Bundespolizisten die Lage, doch die Züge wurden nicht kontrolliert, schon garnicht in Lüttich. Belgien hatte 6.500 Karten an deutsche Fans ohne Datenabgleich verkauft, zusätzlich zu den regulären 2.500, daher sollte das Adlerteam fetten und teils martialischen Support auswärts haben.

Man konnte fix von Osten einreisen, viel cooler als die scheinbar so lustigen Niederländer gingen die Belgier entspannt, aber bestimmt mit der Invasion aus dem Nachbarland um, dabei waren etliche, altbekannte Problemfans angereist. Sie trafen sich u.a am Irisch Pub nahe von la Burse, der Börse; da bildete sich ein großer Haufen von Kategorie C und B-Fans. Die Polizei bewachte diesen Bereich, wo man sich schon für das Spiel gegen die Türkei am 9.10.2010 einstimmte. Nicht jeder Gesang war pc, der Haufen mutete dort eher Englisch an. Die vielen Kneipen, Pubs und urigen Bierholzkaschemmen schenkten Jupiler und theoretisch 400 weitere Biersorten aus, am Samstag war schließlich Bierfest in Brüssel, ein Hotel bekam/bekommt man immer in der EU- und Natostadt Brüssel eigentlich immer. Die Euro 2000 mit ihren Flops haben die deutschen Fans einfach verdrängt, nur Mehmet Scholl erzielte damals ein Tor, wo Charleroi liegt weiß niemand mehr.

Die Polizei nahm diesmal insgesamt 207 Randalierer fest, die die Sicherheitskräfte attackierten. Belgische Fans sah man wenige in der City (und hörte sie auch kaum im Stadion), viele Belgier und Touristen waren überrascht von den Fanmassen aus Allemagne. Wir zogen zu fünf zum König Boudin Stadion nach Heysel, es war schwer ein Taxi zu bekommen, die Metro kollabierte, ein einziger Stau.

47.000 Zuschauer sahen dann ein holprigen Start des WM-Dritten im Nachbarland. Belgien attackiert und wollte, die deutschen Stars waren noch nicht fit nach zwei Bundesligaspieltagen. Lahm und Müller und Torschütze Klose überzeugten wie Badstuber (für Friederich statt Westermann) und Merte sowie Neuer im 4-2-3-1 des Jöw Teams. Die Belgier kämpften und das deutsche Starensemble wirkte etwas unfrisch, aber ballsicher und taktisch reif. Die Fitness und der letzte Biss fehlten, ein 0-0 zur Pause war die Quittung im Schatten des funkelnden Atomiums bei diesem Freitagabendspiel. Ernüchterung bei den Mexico-Sänger-Chor im Gästeblock. Der erwartet holprige Start stellte sich ein, ein Fehlstart drohte.

Dann machte eine Bayernkombination von Müller auf Klose, der van Buyten düpierte, den Weg frei zum 0-1. Belgien hatte vorher eine ganz fette Chance, doch Neuer rettete glänzend und zeigte Adler auf der Bank, wer die neue Nummer eins im Tor ist. Khedira machten seinen Anspruch besser als Capitano Ballack zu sein nicht unbedingt wahr, insgesamt spielte Deutschland ballsicher, aber bieder. Ein verdienten Arbeitssieg nennt man das, was Frankreich gegen Weißrussland nicht schaffte. Schweini bedankte sich bei den Fans im Block und die das Team feierte einen Pflichtsieg, Jansen (verletzt), Poldi (ausgewechselt) und auch Khedira waren “die Verlierer im Gewinnerteam”. Bei den roten Teufeln überzeugten Lukaku, Fellaini und Dembele und sie werden in dieser aufsteigenden Form auch in Istanbul den Türken Probleme bereiten, die gerne mal über Außenseiter stolpern (Schweiz, Bosnien usw).

Die Einkesslung eines Blocks fand nicht statt und so zogen 7000 Deutsche in die Stadt, einige fuhren auch direkt nach Hause. Wir fuhren vom Gelände der Weltaustellung 1958 mit der Tram zu einer Haltestelle, die Mitfahrer Martin als “richtig” ausgemacht hatte. Martin, RWE-Fan, hatte lange in Brüssel beruflich zu tun. 15 erlebnisorientierte Menschen aus den neuen Bundesländern ohne Hals (OSTDEUTSCHLAND, eine Faust, die eine Mauer durchschlägt) waren eingestiegen und uns gefolgt und wir kamen in eine Siedlung, die zur Anschauung über mißlungene Integration dienen könnte, wenn man es so sehen will. Dazu gab es kein Licht und ‘ne tätowierte Gruppe Sachsen hinter uns. Ein skurille Situation, vor allem weil Martin beim Weg sichirgendwie verfranst hatte. olli erinnerte ihn an die Jungs mit dem Gesichtstätoes. Die Gang-Jugenlichen vor der Tür fragten “Des Problemes?”, denn sie sind Fremde in der Heimat, die keine Fremden von woanders mögen, dazu kam jetzt eine Gruppe, die genrell keine Menschen mag, Fremde schon garnicht, dazu gabs wenig Licht. Letztendlich managte Martin es zum Glück, dass wir zu einer Seidenschal-um-den-Hals-Träger-Kneipe kamen, wo man den Bruder von Andre, Julian, vor die Füße rotzte. Denn da mochte man keine Deutschen (weil die keine Fremden mögen oder immer gewinnen), was ziemlich verwirrend war, denn die Typen sahen aus, als ob der Regenbogen die Flagge war dieser Yuppie-Szene-Bar. Aber gut, belgisches Bier schmeckt immer lecker, auf Waffeln, Pralinen und Jaques Brel haben wir ausnahmsweise verzichtet. Wir zogen weiter bis in die Innenstadt und haben viel gelacht und auch nocht viele, nette Belgier getroffen, die zwar keine dezidierten Gutmenschen waren, aber einfach nett. So wurde es ein toller Abend mit vielen Gleichgesinnten, preiswerten, gutem Med und einem Auswärtssieg, das vermißt man als Bochumer - nicht nur nach Offenbach und Aue - oft schon ein wenig. Eine tolle Stadt, die wir - Samstags samt ihrer tollen Architektur, innovativen Behördengebäuden und albernen Taxifahrer sowie komischen Uniformen und drei Punkten in der Täsch - pünktlich um 19.28 - mit dem Thalys Richtung Köln - verließen. Leuven, Lüttich (und Erinnerungen an Brügge, seufz) zogen an uns vorbei, Belgien lohnt sich tatsächlich.

Tom, CB’93

 

 

  

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