In der alten Kaste bleiben

Im traditionellen Indien des 18., 19. und 20. Jahrhunderts ist das Kastensystem durchaus relevant gewesen und es ist/war sehr schwer, seine “untere” Kaste zu verlassen und (gesellschaftlich) aufzusteigen in eine (nächst)höhere Kaste. Ungekehrt ist auch der Abstieg nach unten nicht so ohne weiteres möglich gewesen. Das war bei uns die Zeit der Unabsteigbaren bis 1992.

Bochum stieg 2010 aus seiner Bundesligakaste (endgültig?) ab!  Ende, aus, Mickey Maus.

Dem VfL Bochum 2012 drohte sowas wie der Abstieg “in die Kaste der Unberührbaren”, die Dritte Liga, Abstieg aus dem Profifußball, was gestern nur dem armen FC Hansa Rostock sicher zuteil wurde. Aachen oder KSC mögen folgen, gönnen tue ichs keinem der Teams. Die Aufsteiger Sandhausen und Aalen sind ziemliche Exoten, nu ja…

Der VfL hingegen erzielte vor über 18.000 Zuschauern einen recht glücklichen 2-0 Heimsieg gegen BTSV Eintracht Braunschweig zum Kastenerhalt bzw. Klassenerhalt und damit fiel den zahlreichen blau-weißen Angstpatienten im Rewirpowerstadion ein großer, großer Stein vom Herzen - um exakt 15.15 Uhr sollte das Zittern vorbei sein mit Ginczeks 2-0. Durchatmen, ein großer Schluck Fiege zum Sackenlassen….

Dabei hatte der VfL Bochum furios begonnen und durch ein Kopfballtor von Slava Freier 1-0 geführt. Die folgenden 70-80 Minuten spielten leider nur die in gelb-weiß gekleideten Niedersachsen. Sie wirbelten wie (die Löwen) im Hinspiel (beim 4-0 an der Hamburger Strasse) die tapfer kämpfenden Blau-Weißen durcheinander, Kramer, Luthe, Freier und Inui versuchten auf Bochumer Seite Struktur ins Spiel zu kriegen. Malle wurde überlaufen, Bönig auch, der später tränenreich Verabschiedete sah seine gelbe Karte vor der Halbzeit. Kruppke, Boland und Pfitzner stellten die Aktivposten der Norddeutschen dar.

Die vom Bochumer Maiabendfest geplätteten Bochumer Fans versuchten ihr stetig wackelndes Team zu unterstützen, unterdessen liefen gute Zwischenergebnisse aus Ingolstadt und Duisburg ein, es gab Hoffnung für die Traumatisierten.

Während 1.500 gelb-weiße Fans supporteten, wurde dem Bochumer Anhang trotz der Absenz von Kumbela Angst und Bange, weil Braunschweig permanent geschickt nach vorne spielte, kombinierte und Bochums Mittelfeld bis auf Inui und selten Dabro Probleme hatte  - von der Gedankenschnelligkeit und dem Tempo her - mitzuhalten.

Bochum zeigte aber endlich Figthing Spirit, leider auch altbekannte Mängel, es ist einfach zu wenig Substanz in diesem Team, um auch nur (!)  9.ter (!!) zu werden, bestenfalls würde man durch ein Sieg in Aue 10. und hätte 40 Punkte.

“Sex im Alter” kann schön sein und auch Bochums Rungegurke machte den entwöhnten Fans gestern Laune, die mit Block A-Choreo und Ultrasupport in der Ost, das Schweigen im Stadion zu durchbrechen versuchten. Braunschweigs Fans, die am Ende mit Böllern randalierten und umherliefen, sangen “Wir ham ein Heimspiel in Bochum”, man kam sich vor wie bei der SGW 09, naja nee, so schlimm nun doch nicht, das ist die Kaste, wo die Pest noch wütet und die Ratten mit im Bett schlafen.

Aber obwohl Bönig im 4. oder 5. ten Spiel zum dritten Mal gelb-rot sah (He ist too slow for second division!), konnten die Braunschweiger 9 Bochumer und Luthe nie endgültig überzeugend ausspielen oder es half das Glück. Das 1-0 hatte fast 85 Minuten Bestand und manch einer hatte einfach nur Angst auf der Ost und anderswo um seinen VfL.

Doch als Ginczek einen Fehler der BTSV-Abwehr nicht zum 2-0 nutzte, hätten die Niedersachsen Löwen fast das 1-1 gemacht. Ganz am Ende hatte der von Allofs unter die Lupe genommene Luthe eine Glanzparade und Ginczek machte dann doch noch das 2-0 in der Nachspielzeit und bescherte den Bochumer Fans einen schönen Ausklang des Bochumer Traditionsfestes.

Karneval wurde auf den Rängen nun nicht gefeiert, aber zumindest feierte man Luthe, Bönigs 9 Jahre mit Tränen und den Willen des Bergmannteams.

Todt und Bergmann werden alle Hände voll zu tun haben, Luthe, Inui, Aza, Aydin zu halten und Ladenhüter wie Dabro, Malle und Sinke loszuwerden. Das wird eine echte Herkulesaufgabe für gebeutelte Kassen und Pohl wird wieder sein Klagelied über die tolle Koller/Altegoer-Ära singen und wir Fans werden uns nach dem Auespiel am So wünschen, dass wird diese Dreckssaison ganz schnell vergessen wie Dexter sein Kindheitstrauma.

Nein, es war ein schöner, erleichternder Sonntag, der eine der schlimmsten Spielzeiten (bis dato) seit 40 Jahren beendete, der mit Bönigs Tränen und dem Gruss der Mannschaft endete, in einer gewissen Harmonie und begrenzten Dankbarkeit.

Denn den Klassenerhalt in Liga Zwo hatte Funkel 2011 nicht nur nicht versprochen, er wollte 1. werden. Schwamm drüber und auf nach Aue zum lustigen Halali …

 

Tom, vom Schlammbowlen CB’93 

 

 

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