Wir sind kein Konsumprodukt

Wer einen schwarzen Audi A8 sieht, ein ungeknicktes IPhone 6, die neuen, fancy Asicsturnschuhe mit IGS oder eine braune Longchampshandatsche, der/die müsste lügen, wenn er/sie sagte, ist prinzipiell kacke, interessiert mich nicht, DAS will ich nicht mal geschenkt haben. Wenn man ganz ehrlich ist, stimmt das nicht bei den meisten Menschen. Der Kapitalismus weiß, wie er Bedürfnisse weckt, so läuft der Laden im Westen heutzutage, das ist Big Business von freundlichen, lächelnden Heuschrecken. Der einzelne Mensch spielt dabei praktisch keine Rolle mehr, nur noch der Porsche Panamera, das Musterhaus, das kleine, schicke Boot und das Intouch-Model zur Dekoration darauf - auf dem Boot mit dem Blick auf seine Rolex.

Doch damit verliert der Mensch seine Seele und wird endgültig zum Götzen des Geldes. Amen. Das passiert gerade besonders hemmungslos im bundesdeutschen Profifußball (Weltmeisterliga) und das ist in der englischen Premiereleague mit den ganzen saudischen Prinzen, Konzernen und russischen Öloligarchen schon längst passiert, daher lehne ich auch die “50+1-Welt von Herrn Kind” (96!) weiterhin ab wie All-Seater-Arenen.

Doch, wenn man auf SKY Bilder sieht wie RB Leipzigs jubelnden Poulsen oder die Sieger und Tabellenführer aus Ingolstadt (FZEEHIIIIIIIIIIIIIIIIIII!), dann hat der Durchschnittsfan aus Hamburg, München, Düsseldorf oder Berlin die gleichen Emotionen wie bei den aktuellen CNN-Bildern der Ebola-Epedemie in Liberia oder ISIS-Kämpfern mit Bärten.

Für 90 % der Fußballfans sind Clubs wie Wolfsburg, Hoffenheim, Paderborn oder auch Bayer Leverkusen (die ich ja garnicht so schlimm finde) so attraktiv wie das “Kalifat im Irak/Syrien”, Pol Pot oder veganes Grillen von den Weight Watchers.

Nein, auch Clubs wie Augsburg, Sandhausen und Aalen, deren eigenen Weg als Leistung ist sehr schätze, sind eben nicht MSV Duisburg, Kicker Offenbach, Magdeburg, Preußen Münster, Meppen oder Holstein Kiel. Nicht mal annähernd so emotional besetzt, sind die Retortenclubs der Moderne, die immer mehr Plätze in den ersten drei Ligen belegen. Nun kann man philosophieren, ob Schalkes Gazpromconnection oder Barcelonas Katar Airways Sponsoring nicht genauso so ekelhaft sind, aber diese traditionslosen Dorf- und Kreisstadtclubs braucht kein Mensch (außer die Leute aus dem Dorf), denkt der Traditionalist sofort reflexartig.

Heidenheim ist auch so ein Club. Der Trainer, ein sympathischer Mops, macht das wirklich gut, unter der Firma Voith sammeln sich lokale, potente Sponsoren und wieder mal wird eine weitere Kreisstadt berühmt. Ist nichts gegen zu sagen, die Fehler passierten ja zunächst bei den Traditionsclubs.

Sie, die Schwaben, stiegen auf, machten sich gut - und Sonntag gastiert bei den Heidenheimern die bombende Auswärtsboygroup der Liga - der “neue” VfL Bochum.

Der geliftete VfL, viermal Remis zu hause, will wieder mit einem Sieg nachlegen und Blau-Weiß hat gewisse Chancen das zu realisieren. Nicht nur Terrodde und Sestak sind torgefährlich, nein, auch Gregoritsch, Losilla und Tasaka sind in der gute Laune Truppe gefährlich, Forssell kann noch werden. Heidenheim scheint spielerisch begrenzt, seit “Asi” Thurk fehlen die großen Namen.

Sonntag geht’s mit 800 Awayfans nach Baden-Würtemberg, wo Heidenheim sich neben Aalen etablieren will im bundesdeutschen Profifußball. Worms, Offenbach oder Koblenz hätte ich lieber, aber klar, das ist subjektiv.

Aber Heidenheim ist eben nicht Mönchengladbach und Kaiserslautern, es ist die verdammte Kreisstadt von der Ostalb, wo wir Bochuemr 2012 mal humorlos 0-2 mit Dedic im Pokal (mit Topzuschlag) siegten. Klar, dass da ein “hidden giant” wie Voith auch Profifußball will, wie der SAP-Hopp in Hoffenheim oder Audi in Ingolstadt: damit Fußball planbar wird wie Immobilienfonds?

Doch auch rein sportlich wird es schwer genug für den VfL, auch wenn Heidenheim gegen Fortuna 3-2 verlor, wo Bochum ein 1-1 holte. Der FCH hat sich beim 3-0 gegen Nürnberg Sicherheit geholt und Schmidt sieht nun auch eine Chance gegen uns.

Folgende statistische Daten sind von VfL4u für das erste Punktspielduell:

Sonntag, 28.09.14, 13:30 Uhr, Voith-Arena

Schiedsrichter: Guido Winkmann (Kerken, pfiff den VfL zuletzt Ostermontag in Köln!)
Assistenten: Timo Gerach (Landau), Christian Gittelmann (Albisheim)
Vierter Offizieller: Eduard Beitinger (Regensburg)

Bisher einziges Pflichtspiel gegen Heidenheim: HDH - VfL 0:2 (DFB-Pokal; 18.08.12; Dedic (2))

Voraussichtliche Aufstellungen:
HDH: Zimmermann - Heise, Kraus, Göhlert, Strauß - Schnatterer, Titsch-Rivero, Griesbeck, Leipertz (Bagceci) - Mayer (Morabit), Niederlechner

VfL: Esser - Perthel, Fabian, Cacutalua, Celozzi - Gregoritsch, Losilla, Latza, Tasaka (Weis) - Terodde, Sestak

Der VfL als Vierter ist morgen formal, vom Tabellenstand her (als Vierter), vom Trend her (ungeschlagen außer gegen Gosny) und von der Art und Weise, wie er auswärts furios spielt, klarer Favorit. Aber die Wahrheit liegt immer auf dem Platz, das wissen wir ja. Und der Schiri macht mir Angst, pfeifft gerne Elfer gegen den VfL.

Doch es gibt auch so keinen VfL-Automatismus des Siegens nach einem Remis, die Neururertruppe muss es sich jedesmal wieder hart, neu erarbeiten, den Nimbus der “Auswärtskanibalen”, die Aue und FSV 1-5 “massakrierten”. Schaun wir mal, ob es morgen klappt.

Es scheint aber, das neue Erfolgsduo - ”Peter und Christian” - hat die richtige Antwort gefunden gegen die neureichen Dörfer aus der Provinz, die protzigen Dorfclubs und supertollen Kreisstädte, die sich als Gernegroß darstellen und Geld reinpumpen und so tun, als wäre es nicht so. Es ist aber auch gleichzeitig das Ende des Bochumer Kriechganges, “die Stunde der Rache” (O-Ton Olli) scheint angebrochen.

Aber wenn es am Ende nicht reichen sollte zum 7. Aufstieg, die allgegenwärtige Macht des Geldes sich in der 2. Liga auch endgültig durchsetzt, dann haben wir am Abend beim 1-1 gegen F95 gefrotzelt:

Okay, GAU: Aufsteiger RB Leipzig, Ingolstadt und Sandhausen, Absteiger Werder, VfB und HSV, dann werden die Manager bei SKY kalte Füße kriegen, wenn es bei der Samstagskonferenz heißt:

FCI - Freiburg, Mainz-Sandhausen, Hoffenheim-Wolfsburg, RB Leipzig-Paderborn und Leverkusen-Augsburg… LOL!

Dann werden auch die Manager, Marketingaffen und Besserverdiener Ralf Rangnick sehen, dass nicht nur Pyro, Rassismus und Randale oder gar ”böse Ultras” [BILD sieht Provilegien] die Stimmung in den Stadien und letztendlich den Profit bedrohen, sondern die Neo-Produktliga der seelenlosen Clubs ohne Geschichte.

So fährt man als Bochumer doppelt stolz morgen die A5/7 runter, man ist Teil einer echten Idee und das ist man schon lange und einfach so - ohne pekuniäre Interessen oder Hype. Wenn ich eines gemerkt habe, beim tollen Feedback auf mein Buch (DANKE!!!), die Sehnsucht nach dem schönen und echten Fußball, ist wirklich groß in Bochum - und sicher nicht nur da.

Dass die “echte Liebe” Kampagne beim östlichen Nachbarn durch Watzkes SDAX-Fantasien konterkariert wird, soll nicht unser Problem sein.

Nach dem 1-1 waren wir Fans echt zufrieden, die Leute haben ihr Team im Regen gefeiert, denn Bochum ist keine Ware und kann trotzdem zZ schön. Auf geht’s zum 0-1 beim FCH, weil “David doch siegen kann gegen Goliath”. Wobei ein Sieg bei den Zeugen Schnatterers schön wäre, aber sicher keine Sensation. Morgen hoffe ich auf das Siegtor von Weis in der 76. Minute ! Also, ich revidiere mein 2-2 zum 0-1. Ganz unkommerziell!

Tom; CB’93

Gruß an die wackeren individuellen Fans von der Ostalb, die den VfL “als Locals” unterstützen und Patient/Mareike aus Remscheid und das Banner, das wieder wehen wird gegen die üblen Horden!

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