Binärer Code

Am 7.10.2017 könnten sich fast 10.000 Mitglieder entscheiden, ob der Verein VfL Bochum 1848 e.V. einen Teil seines Profiteams - plus A-Jugend – also mindestens 25% als „Kommanditgesellschaft auf Aktien“ ausgliedert und diese an mögliche Investoren verkauft werden könnten.

Wer diese potentiellen Investoren sind - oder sein könnten, bleibt Teil der allgemeinen Spekulationen und ist eine wichtige Frage. Ein Russe, ein Chinese, ein Scheich oder ein lokaler Krösus wie Finke - oder eine Investorengruppe  (wie einst die WHH) - wer könnte es sein? Das ist mir zumindest nicht klar.

Hochstätter, Engelbracht, Villis und Co. wollen für unseren Herzensclub VfL damit einen neuen rechtliche Rahmen zu schaffen, um Geld (10-30 Millionen) für den Verein, der dann nur noch zu 75% einer ist, zu aquirieren. Einige Vereine - von RWE über FCN bis VfB - sind den Weg schon gegangen und der VfL könnte nun im Oktober folgen. Ist das nun gut oder schlecht, das Ende jedweder Fußballromantik, die schlichte, banale Realität, der Weg des Geldes? Oder kann man die Frage gar nicht so einfach stellen?

Aktueller Grund für die geplante Ausgliederung sind die neuste Verteilung der TV-Gelder, die die Schere von 22 Clubs zu 14 anderen Proficlubs schneller größer werden lässt. Das ist Fakt, die geplante Handlung scheint eine logische Folge, dabei wirbt der Vereinsvorstand seit einiger Zeit für eine Ausgliederung. Und der aktuelle Vorstand begleitet seinen Vorschlag „pro Ausgliederung“ in einem offenen, durchschaubaren Prozess, aber sagt auch, es ist der einzig gangbare Weg für die Mitgliedschaft des VfL.  Ist das so? Sieht so die Zukunft der Fußballvereine aus?

Das klingt ein wenig nach Merkel’scher „Alternativlosigkeit“, die Entscheidung ist in vier Wochen beim VfL - ein „ja“ oder „nein“ von jeden aktiven Mitglieds, das zur Abstimmung kommt. Ist das Ganze für den nichtorganisierten Durchschnittsfan nicht herzlich egal?

Die Initiative gegen eine solche Ausgliederung hat hingegen viel Kopf, Herz und Fachwissen in ihre zeitfressende Kampagne gegen die Ausgliederung gesteckt. Ihre idealistischen Argumente sind, dass man ohne aktuelle Not „den Verein verkauft“ an irgendwen Windiges, seine Mitglieder auf Dauer entmachtet und das Wesen unseres VfL danach - wie das des BVB, nur noch eine Aktiengesellschaft ist, dessen „echte Liebe“ vor allem „echtes Marketing“ ist. Und Dembele’ lässt grüßen, die noch größeren Fressen die kleinen Geldsäcke. Das wird durch 25 Millionen nicht zu ändern sein, so argumentieren die Gegner, was soll das Ganze also? Begeht man auf Geheiß des Vorstandes, der dann schon nicht mehr da ist, wenn die Folgen auszulöffeln sein könnten, einen schweren Fehler?

Und diese simple binäre Pro-/Contra-Entscheidung ist enorm wichtig für den ganzen Verein, das ist mal keine Frage. Aber inwiefern wird diese neue Rechtsform unsere Fan-Wahrnehmung des VfL  ändern? Oder muss man diesen Weg notgedrungen gehen und die neue Normalität ist eine Ausgliederung - und wer zurück bleibt, macht den Weg von Offenbach, Wattenscheid bis zu den Stuttgarter Kickers? Oder wird hier wieder nur Panik geschürt, um bewusst Ängste zu planieren, die berechtigt sind? Bleibt der VfL wie er immer war?

Auch wenn die Situation ziemlich komplex ist und die Sachlage abstrakt, muss man emotionale Fragen stellen dürfen, auf die es bisher keine Antworten gibt. 

Wenn 75% der Mitglieder für die 25 %t ige Ausgliederung stimmten und in 5 Jahren wären -  sagen wir mal 25 Millionen eingenommen - und wir stünden immer noch da, wo wir heute stehen, weil alle anderen den gleichen Weg gehen, was machen wir dann? Die Mitglieder hätten sich bereits entmachtet, den ausgegliederten 25 % könnten weitere 25 % folgen und und und, bis Investoren den ganzen „Ex-„Verein besitzen, mit allen schrägen Folgen, die auch heute im modernen Fußball irritieren, von Abramovic, Abu Dabi, China über Hopp bis Mateschitz. Ist das Ganze nicht eh schon total überdreht?

Dazu muss man sich fragen, wann ist der günstigste Zeitpunkt, Vereins-Anteile zu verkaufen und hat man die Zeit, diesen Punkt abzuwarten?

 

Aber eins ist auch klar, bei allen neuen Entwicklungen bleiben Fragen offen und manchmal muss man Neuland betreten, um vorwärts zu kommen. Und Bochum braucht dieses Geld.

 

Sonntag gegen Heidenheim wird’s eine Demo der Initiative gegen diese Ausgliederung geben, nach dem Spiel trifft man sich an der  Tanke. Die Initiatoren der Antiausgliederungskampagne werden ihre Sympathisanten unter ultraaffinen Gruppen finden, aber auch andere werden sich anschließen. Der Grund ist einfach, da wo man emotional eine Idee vom Lebensinhalt Fußballverein hochhält, ist eine rationale Entscheidung für einen Verkauf an Investoren ein NoGo. Aktienanteile feuert keine an, die blau weißen Farben schon.

 

Die Diskussion sollte weiter so sachlich, downtoearth und faktenorientiert quer durch die Fangruppen gehen, denn egal, welche persönliche Lebensphilosphie man hat, der Verein liegt allen Abstimmenden doll am Herzen. Da muss man auch Meinungen akzeptieren lernen, die man absurd findet.

 

Ich frage mich, warum das alles in der Presse so einen kleinen Teil einnimmt.

 

Ich persönlich finde die kommende Entscheidung sehrm sehr schwer. Ich werde sie für mich treffen, es ist eine äußerst enge. Ich kenne Leute, die werden eine andere Entscheidung treffen und trotzdem werde ich das akzeptieren. So sind halt Wahlen.

 

Wie für die Bundestagswahl zwei Wochen vorher gilt am 7.10.17, geht bitte für Eure wie auch immer geartete Überzeugung wählen. Die Entscheidung kann euch keiner abnehmen, obwohl ich mir das in diesem Fall fast wünschen würde. 

 

 Tom;CB’93

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